Christine Lagarde dürfte bald Chefin der EZB sein. Sie wäre die erste Währungshüterin der EU. Ihr Aufstieg begann in einer Wirtschaftskanzlei.
Die bisherige IWF-Chefin Christine Lagarde
Die bisherige IWF-Chefin Christine Lagarde - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die EU-Staats- und Regierungschefs haben Christine Lagarde für die EZB-Spitze nominiert
  • Lagarde ist studierte Juristin und aktuell Chefin des Internationalen Währungsfonds.
  • Sie war zwischen 2007 und 2011 Finanzministerin Frankreichs.

Noch vor wenigen Monaten wollte Christine Lagarde von einem EU-Spitzenamt nichts wissen. Weder bei der Europäischen Kommission, noch bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Doch das kommt jetzt wohl anders.

Die gebürtige Pariserin soll Mario Draghi an der EZB-Spitze ablösen. Darauf einigten sich am Dienstag die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Ihre Aufgaben als Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF hat die 63-Jährige bis zu ihrer endgültigen Berufung abgegeben. Wird sie bestätigt, wäre sie die erste Frau an der Spitze der EZB.

Anders als ihre Vorgänger war sie nie Chefin einer Zentralbank. Was in der Finanzbranche zudem zu Nasenrümpfen führt: Die Französin ist keine Ökonomin. Die Tochter eines Hochschulprofessors und einer Lehrerin ist aber unbestritten eine der mächtigsten Figuren in der Finanzwelt. Ihr Wort hat Gewicht.

Christine Lagarde studierte Jura

Ihre Karriere begann bei Baker & McKenzie, einer der grössten Wirtschaftskanzleien der Welt. Die auf Arbeitsrecht, Wettbewerbsrecht und Fusionen spezialisierte Juristin schaffte es bis an die Konzernspitze. Als erste Frau leitete sie ab 1999 das Unternehmen.

Ab 2005 war sie Frankreichs Handelsministerin, 2007 übernahm sie das Finanz- und Wirtschaftsministerium – als erste Finanzministerin eines G7-Landes überhaupt.

Nachdem der damalige IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn nach Vergewaltigungsvorwürfen zurücktrat, übernahm Christine Lagarde den Posten. Auch dieses Mal war sie die erste Frau in dieser Funktion. «Immer wenn es irgendwo schlecht läuft, holt man Frauen an Bord», witzelte sie jüngst in der «Daily Show», einer Satire-Sendung.

Christine Lagarde im Interview mit Trevor Noah.

Sie hat das Image der Institution nachhaltig verändert. Die Reformauflagen für finanzschwache Länder sind heute weniger hart als noch in den 90er Jahren. Mit dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis verstand sie sich gut.

Gleichzeitig hat sich der Fonds für Themen wie Geschlechtergleichheit, Armut und Umweltschutz geöffnet. «Der IWF hält eine gleichmässigere Einkommensverteilung nicht nur für gute Sozialpolitik, sondern auch für gute Wirtschaftspolitik.» Das schrieb die Französin jüngst in einem Gastbeitrag des «Handelsblatt».

Millionen-Zahlung an Sarkozy-Freund

Lagarde ist kein Fleisch und trinkt keinen Alkohol. Das mag dem Klischee der Finanzbranche nicht entsprechen: Einen Kurswechsel bei der EZB ist unter der Führung von Lagarde aber nicht zu erwarten. Sie halte eine lockere Geldpolitik für gerechtfertigt, sagte sie jüngst.

Für Schlagzeilen hat Christine Lagarde mit der sogenannten Tapie-Affäre gesorgt. Als Finanzministerin zahlte sie 2008 Bernard Tapie, einem Freund des damaligen Staatspräsidenten Sarkozy, 400 Millionen Entschädigung. Bezahlt wurde dies vom Steuerzahler.

Die Begründung: Tapie soll beim Verkauf von Adidas 1993 von anderen übervorteilt worden sein. Ende 2016 wurde sie wegen Fahrlässigkeit im Amt für schuldig befunden. Auf eine Strafe verzichteten die Richter allerdings – wegen ihrer «internationalen Reputation». Das stösst noch heute vielen sauer auf.

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