Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hebt überraschend deutlich den Leitzins an – und zwar um 0,5 Prozentpunkte auf -0.25 Prozent.
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Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), versucht mit dem Kauf von Fremdwährung allerdings die Aufwertung des Frankens zu unterdrücken. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die SNB hebt den Leitzins erstmals seit Jahren deutlich an.
  • Mit 0,5 Prozentpunkten mehr liegt er damit neu bei -0,25 Prozent.
  • Ziel dieser Zinserhöhung ist die Senkung der Inflationsrate.

Die Inflation hält die weltweite Wirtschaft in Atem. Zahlreiche Nationalbanken haben deswegen ihre Zinsen bereits deutlich erhöht. Zuletzt etwa die US-amerikanische Fed, die den Leitzins gestern Abend überraschend um 0,75 Prozentpunkte erhöhte.

In der Schweiz allerdings ist die Inflation mit einer Rate von 2,9 Prozent vergleichsweise moderat. Dennoch hat sich auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) heute Morgen dazu entschieden, den Leitzins um einen halben Prozentpunkt auf -0,25 Prozent zu erhöhen.

Weitere Zinserhöhungen in naher Zukunft sind nicht ausgeschlossen, so die Nationalbank. Um für angemessene monetäre Bedingungen zu sorgen, sei die Nationalbank zudem bereit, am Devisenmarkt aktiv zu sein.

SNB
Die Fassade der SNB am Bundesplatz in Bern. - Keystone

«Die straffere Geldpolitik soll verhindern, dass die Inflation in der Schweiz breiter auf Waren und Dienstleistungen übergreift», erklärt Präsident Thomas Jordan den Schritt. Denn es gebe inzwischen Anzeichen dafür, dass sie auch auf Angebote übergreife, «die nicht direkt vom Krieg in der Ukraine und den Pandemiefolgen betroffen sind».

Preiserhöhungen würden heute rascher weitergegeben und auch einfacher akzeptiert, als dies noch bis vor kurzem der Fall gewesen sei. Vor allem das Risiko für sogenannte Zweitrundeneffekte sei gestiegen.

Hätten Sie mit einer Zinserhöhung gerechnet?

Unter Zweitrundeneffekten versteht man Preiserhöhungen als Reaktion auf vorangegangene Kostensteigerungen. Sie treten also etwa dann auf, wenn in Folge einer gestiegenen Inflation höhere Löhne vereinbart werden.

Schweizer Inflation dürfte weiter zunehmen

Trotz all dieser Massnahmen geht die SNB für das aktuelle Jahr von einer Jahresteuerung von 2,8 Prozent aus, wie Jordan weiter erklärt. Der Höhepunkt der Inflation werde wohl im dritten Quartal mit 3,2 Prozent erreicht. Danach solle sie sich allmählich abschwächen. Für das Gesamtjahr 2023 wird ein Wert von 1,9 Prozent, für 2024 von 1,6 Prozent vorhergesagt.

Inflation Schweiz SNB
Die Grafik zeigt die bedingte Inflationsprognose für den Juni 2022. - BFS, SNB

«Die Inflation hat in vielen Ländern seit März nochmals deutlich und breit angezogen», betont Jordan. Nicht nur der Ukraine-Krieg spiele dabei eine wesentliche Rolle, indem er viele Rohstoffpreise hat ansteigen lassen. Auch die anhaltenden Lieferkettenprobleme hätten zu weiteren Preiserhöhungen bei verschiedenen Waren geführt.

SNB schliesst Energieknappheit aus

Die hiesige Wirtschaftsaktivität sei bisher aber vergleichsweise wenig beeinträchtigt worden, sagt Jordan. «Am deutlichsten spürbar sind die Folgen bei den gestiegenen Energiepreisen und bei den Lieferengpässen.»

«Wir gehen in unserem Basisszenario für die Weltwirtschaft davon aus, dass die Energiepreise vorerst hoch bleiben», so Jordan. Dass es in den grossen Wirtschaftsräumen zu einer akuten Energieknappheit kommen wird, schliesse die SNB allerdings aus.

«Damit sollte sich die positive Konjunkturentwicklung insgesamt fortsetzen», schlussfolgert Jordan. «Auch unter dem Einfluss der vielerorts zunehmend strafferen Geldpolitik dürfte die Inflation allmählich wieder auf moderatere Niveaus zurückkehren.»

Schweizer Franken
Auch finanziell haben Trennungskinder häufiger das Nachsehen. (Symbolbild) - Keystone

Doch, betont Jordan, das gegenwärtige Umfeld sei noch immer von grosser Unsicherheit geprägt. Die SNB werde deshalb die Entwicklung genau beobachten und sei bereit, «in jeder Situation die nötigen Massnahmen zu ergreifen, um die Preisstabilität in der Schweiz über die mittlere Frist zu sichern».

Aktuell bezeichnet die SNB den Schweizer Franken nicht mehr als «hoch bewertet». Sollte sich die Landeswährung wieder übermässig aufwerten, wäre die SNB bereit, Devisen zu kaufen. Im Gegenzug würde sie bei einer Abschwächung auf Devisenverkäufe erwägen.

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