Schnelles Handeln ist entscheidend, sagt der Makroökonom Mathias Binswanger. Der Bundesrat soll daher keine Obergrenze festsetzen für Entschädigungszahlungen.
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Über fehlende Kundschaft können sich die Restaurantbesitzer dieser Tage nicht beklagen. Sie dürfen gar nicht öffnen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz gerät wegen der Coronavirus-Massnahmen wohl in eine Rezession.
  • Hunderttausenden droht der Verlust des Jobs, weil Firmen wegen der Flaute Konkurs gehen.
  • Ökonom Mathias Binswanger weiss: Der Bundesrat muss jetzt schnell und entschieden handeln.

Bald nachdem Covid-19 die Schweizer Grenze überquert hatte, schaltete der Bundesrat den Bevölkerungsschutz ein: erst die besondere, dann die ausserordentliche Lage. Die beispiellosen Massnahmen verlangsamen aber nicht nur die Verbreitung des tödlichen Virus.

Sie bremsen Konsum, Produktion und schliesslich die Konjunktur. Bis zu 30 Milliarden Franken Kollateralschaden kostet die Schweiz der Kampf gegen Corona. Das schätzt das Seco, ausgehend vom erwarteten Konjunkturabschwung von 1,5 Prozent.

«Das hat drastische Folgen»

Zwar zeigen sich die wahren Auswirkungen von ausfallenden Mitarbeitern, abgesagten Veranstaltungen oder geschlossenen Restaurants erst, wenn der Rauch sich gelegt hat.

Doch für Volkswirtschaftsprofessor Mathias Binswanger ist klar: «Das hat drastische Folgen. Teile der Wirtschaft stehen still.» Kurzfristig komme es zu erheblichen Zahlungsausfällen.

Mathias Binswanger
Mathias Binswanger ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft der FHNW in Olten und Privatdozent an der Universität St. Gallen. - FHNW

Gerade kleine Unternehmen geraten schnell ins Straucheln, weil sie oft weniger Reserven haben und ihre Einnahmen von der unmittelbaren täglichen Nachfrage abhängig sind, so Binswanger.

«Ernsthafte Krise wie in den USA Anfangs 30er Jahre»

Und damit nicht genug. «Diese Probleme pflanzen sich in der Wirtschaft fort, wie der Virus selbst. Kaum hat ein Unternehmen Probleme, geraten auch andere Unternehmen in Schwierigkeiten.»

Die gesamte Wirtschaft gerate in eine Abwärtsspirale. «Denn kaum gerät ein Unternehmen in Probleme, gerät es bei anderen Unternehmen in Zahlungsrückstand oder muss seine Bestellungen sofort reduzieren. Das bringt weitere Unternehmen in Probleme.»

Die Folge sind Entlassungen, welche wiederum den Konsum einschränken, wodurch die Nachfrage nochmals verringert werde. «Dann geraten wir in eine ernsthafte Krise wie in den USA zu Beginn der 1930er Jahre.»

Wirtschaft hat schon Schlimmeres überlebt

Längerfristig jedoch wird sich die Wirtschaft erholen, ist der Makroökonom überzeugt. «Die hat schon viel Schlimmeres wie den zweiten Weltkrieg überlebt. Später werden wir wahrscheinlich vom Corona Schock sprechen wie in den 70er Jahren der Ölpreis-Schock.» Die Entwicklung in China stimme ihn optimistisch.

Coronavirus Lockdown
Wegen des Coronavirus mussten Restaurants in der Schweiz schliessen. - Keystone

Allerdings sei entscheidend, wie der Bund die Unternehmen schütze. Wichtig sei, dass Massenentlassungen und Zahlungsausfälle vermieden werden können. Ansonsten kommt der beschriebene Teufelskreis in Gang. Es brauche daher sofortige und wirksame Massnahmen des Staates, so der Wirtschafts-Experte.

Andernfalls würden vor allem die Konkurse kleiner Unternehmen sprunghaft zunehmen. Sie sind die Über-65-Jährigen und Vorerkrankten: die Hochrisikogruppe für Konkurse. Doch weil mehr als die Hälfte der Firmen in der Schweiz weniger als drei Beschäftigte haben, sind sie entscheidend für das System.

Bundesrat muss Sicherheit vermitteln

Hilfe durch den Staat ist daher zentral. Gemäss Binswanger braucht es einen Mix aus Ausdehnung der Kurzarbeit, sofortige Überbrückungshilfen in Form von Ausfallentschädigungen, garantierte Lohnfortzahlungen oder temporäre Steuernachlässe staatliche Bürgschaften. «Das wichtigste dabei ist: sofortige Sicherheit vermitteln, dass diese Zahlungen kommen.»

Die Menschen sollten keine Angst haben, ihre Arbeitsplätze zu verlieren und Unternehmen keine Angst Konkurs zu gehen. Konkret: «Der Bundesrat sollte keine Obergrenze setzen wie zehn Milliarden, sondern klar machen, dass er einspringt «whatever it takes» und sofort.»

coronavirus parmelin
Wirtschaftsminister Guy Parmelin soll Firmen vor dem Konkurs retten. - Keystone

Und der Zeitpunkt ist günstig, betont Binswanger. Der Bund erhalte aktuell aufgrund der Negativzinsen für jeden Franken, mit dem er sich verschulde, eine Prämie.

Der Hauptpreis aber ist höher. In der Konsequenz wird so eine stärkere Zunahme der Arbeitslosigkeit verhindert. «Diese wird dann höchstens um wenige Prozente ansteigen», so Binswanger.

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