Mathias Binswanger: «Nicht alle werden Covid-Kredite zahlen können»
Der Bundesrat setzt auf Kredite, um die Wirtschaft in Schwung zu halten. Doch längst nicht alle Kreditnehmer dürften ihre Schulden zurückzahlen.

Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer KMU haben Covid-Kredite über 10 Milliarden Franken aufgenommen.
- Nicht alle dürften zahlen können, glaubt Ökonom Mathias Binswanger.
Die Covid-Kredite gehören zu den wichtigsten Massnahmen des Bundesrats, um die Wirtschaft während der Corona-Krise zu stützen. Über 14 Milliarden Franken haben KMU bereits bei ihren Hausbanken bezogen. Und die Nachfrage hält an.
Der Deal: Bei Krediten bis 500'000 Franken bürgt der Bund komplett. Die Zinse liegen bei null Prozent. Beträge bis 20 Millionen Franken sind nur noch zu 85 Prozent vom Bund gesichert. Hier fallen 0,5 Prozent Zins an.
Kredite unter einer halben Million werden schnell durchgewunken. Das Geld ist oft innert kurzer Zeit auf dem Konto. Bei grösseren Summen dauert der Prozess etwas länger. Sowieso gilt: Der Kredit darf nicht höher sein als 10 Prozent des Umsatzes.
Aufruf zur Massenverschuldung?
Dass der Bundesrat auf Kredite setzt, kommt nicht überall an. Gerade linke Politiker glauben, dass sich so viele Firmen überschulden. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran bezeichnete die Strategie auf Twitter jüngst als «Aufruf zur Massenverschuldung der Kleinen».
Wir haben (vorderhand) eine #WirtschsftskrisederKleinen: Restis, Coiffeusen, Fitnesstudios, extrem segemtierte Event-Kultur-Branche & deren Zulieferer. Massnahmen jedoch für die Grossen. Übersetzt: Aufruf zur MassenVerschuldung der Kleinen, damit sie ihre Mieten zahlen können?
— Jacqueline Badran (@JayBadran) March 25, 2020
Doch Wirtschaftsminister Guy Parmelin hält daran fest. À-fonds-perdu-Beiträge ohne Rückzahlungspflicht sind seit dieser Woche offiziell vom Tisch.
Volkswirtschaftsprofessor Mathias Binswanger von der FHNW hält diesen Schritt für richtig: «Wenn man generell à-fonds-perdu Beiträge zahlt, dann wird das zu einer Subvention für alle und ist nicht mehr in erster Linie eine Hilfe zur Überbrückung momentaner Liquiditätskrisen.»
Doch: «De facto werden aus einer ganzen Reihe Covid-Kredite schlussendlich à-fonds-perdu-Beiträge.» Denn: «Nicht alle Unternehmen werden diese zurückzahlen können. Der Bund muss dann seine Bürgschaften einlösen.»

Binswanger glaubt, dass der Bundesrat diese Fälle noch zu wenig auf dem Schirm hat. «Hier sollten auch längerfristige Massnahmen überlegt werden, damit es in den von der Krise allenfalls langfristig betroffenen Branchen nicht zeitlich verzögert zu Massenkonkursen kommt.» Das hänge aber stark davon ab, wie lange die Krise dauert. Doch: «Man sollte den Unternehmen ein positives Signal senden, indem der Bundesrat bekannt gibt, dass er notfalls längerfristige Unterstützung gewähren wird.»
Mieten via Direktzahlungen
Knackpunkt sind bei vielen betroffenen Unternehmen die Mieten. Binswanger hält den Vorschlag, dass der Bund Firmen mit Direktzahlungen bei der Mieter unterstützt, für einen gangbaren weg. Es sei aber Vorsicht geboten. «Bei solchen Massnahmen werden Unternehmen bevorzugt, die teure und überrissene Liegenschaften gemietet haben. Es kommt dann sehr auf die Details an, damit keine Fehlanreize gesetzt werden.»
Unter dem Strich beurteilt der Volkswirtschaftsprofessor das Programm des Bundes positiv. Eine perfekte Lösung könne es unter aktuellen Umständen gar nicht geben. «Insgesamt überwiegen eindeutig die positiven Aspekte. Nachbessern kann man später immer noch.»