Der französische Pharmakonzern wollte einen möglichen Covid-Impfstoff erst nur den USA liefern. Der Rückzieher folgte schnell, das Problem bleibt.
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Sanofi gehört zu den grössten Pharmakonzernen der Welt. (Symbolbild) - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Vereinigten Staaten sind der attraktivste Markt für Pharmaunternehmen.
  • Sanofi kündigte an, einen möglichen Impfstoff erst den USA zu liefern.

Am Mittwoch hat Paul Hudson einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der Chef des französischen Pharmakonzerns Sanofi sagte der Nachrichtenagentur «Bloomberg», dass er einen möglichen Covid-Impfstoff zuerst nur in die USA liefern würde.

Grund: Die USA haben früh entschieden, die Forschung von Sanofi finanziell zu unterstützen. Die US-Regierung hätte darum «das Recht für die grösste Vorbestellung», erklärte Hudson.

Weltweit war der Aufschrei gross. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sei sehr betroffen gewesen sein, berichtete «Bloomberg». Ein Impfstoff sei ein «common good» ausserhalb der «Regeln des Marktes».

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Ein Impfstoff ist für die Pharmabranche wertvoll. - AFP/Archiv

Nach lauter Kritik fühlte sich das Unternehmen zu Schadensbegrenzung genötigt. «Der Impfstoff gegen Covid-19 wird allen Bürgern zur Verfügung gestellt werden, ungeachtet ihrer Nationalität», schrieb der Konzern in einer Medienmitteilung. Verwaltungsratspräsident Serge Weinberg doppelte in einem Interview mit «Le Figaro» nach: «Es ist absurd, von einer Bevorzugung der USA zu sprechen.»

USA sind wichtigster Pharmamarkt

Unbestritten ist: Für den Pharmakonzern sind die Vereinigten Staaten besonders interessant. Denn: «Die USA sind der weltgrösste Markt mit den höchsten Medikamentenpreisen und den meisten Covid-19-Opfern», sagt Oliver Classen von der Nichtregierungsorganisation Public Eye.

Sanofi hat bereits im April angedeutet, die USA zu bevorzugt behandeln zu wollen. Gleichzeitig machte der Konzern Druck auf die EU, finanzielle Hilfe für eine mögliche Impfstoff-Herstellung bereitzustellen.

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Oliver Classen, Mediensprecher Public Eye. - zvg

«In der Coronakrise können sich auch reiche Länder nicht zurücklehnen, sondern sind der Gier und Willkür der Pharmaindustrie schutzlos ausgeliefert», sagt Classen. Das gelte auch für die Schweiz. «Angesichts der lockenden Riesengewinne zählen nationale Loyalitäten offenbar ebenso wenig wie ethische Prinzipien.»

Classen schlägt vor, Daten und Ressourcen frei auszutauschen, um für eine globale Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen. Public Eye hat mit 70 anderen Nichtregierungsorganisationen bereits im März einen entsprechenden Aufruf an Regierungen gemacht.

Wer dabei den Lead haben soll, ist für Classen klar: «Das kann nur von der Weltgesundheitsorganisation organisiert und überwacht werden.»

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