Grossbritannien hat im Streit mit Frankreich um Fischerei-Rechte im Ärmelkanal 23 zusätzliche Lizenzen an französische Fischer erteilt - der Konflikt ist damit aber nicht beigelegt.
Französische Fischerboote
Französische Fischerboote - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Streit nicht beendet - Verband droht mit neuer Blockade britischer Importe.

Der regionale Fischereiverband in Nordfrankreich drohte am Wochenende angesichts dutzender weiterhin fehlender Lizenzen mit neuen Blockadeaktionen gegen britische Importe. Mit seinem jüngsten Schritt blieb Grossbritannien deutlich hinter der französischen Forderung nach 104 neuen Fischerei-Genehmigungen zurück.

Wie ein Regierungssprecher in London am Samstag mitgeteilt hatte, stellte die britische Regierung 18 Lizenzen für französische Fischerboote aus, nachdem die EU-Kommission «weitere Nachweise» zu früheren Fischereiaktivitäten im Ärmelkanal vorgelegt hatte. Weitere fünf Genehmigungen wurden von der britischen Kanalinsel Jersey ausgestellt, die eine von der Regierung in London unabhängige Verwaltung hat und deshalb selber für die Fischereirechte zuständig ist.

Die EU-Kommission verhandelt im Namen Frankreichs mit Grossbritannien über die Fischerei-Lizenzen. Am Freitag war eine Frist abgelaufen: Die Kommission hatte von London gefordert, die Differenzen mit Frankreich bis dahin beizulegen.

Paris und London streiten seit Monaten über die Fischerei-Rechte im Ärmelkanal. Im Abkommen über den britischen EU-Austritt hatte London im Dezember 2020 zugesichert, dass französische und andere EU-Fischer weiterhin in britischen Gewässern fischen dürfen, wenn sie schon vor dem Brexit dort gefischt hatten. Allerdings gibt es Probleme, dies nachzuweisen.

Die Regierung in Paris hatte am Freitag erklärt, es fehlten noch 104 Lizenzen für französische Boote. Britischen Angaben zufolge sind viele französische Fischer nicht in der Lage, die dafür erforderlichen Papiere vorzulegen. Die französische Regierung kündigte nun an, sich nach der Erteilung der 23 Lizenzen gemeinsam mit der EU-Kommission weiter dafür einzusetzen, dass auch die 81 übrigen Lizenzen ausgestellt werden.

Paris und Brüssel würden «Beweise vorlegen, die die Briten in den nächsten Wochen analysieren werden», teilten Meeresministerin Annick Girardin und Europa-Staatssekretär Clément Beaune mit. Insgesamt hat Frankreich bislang 1027 Fischerei-Lizenzen von Grossbritannien erhalten.

Die französische Fischereibranche reagierte frustriert auf den jüngsten britischen Schritt. Der nationale Branchenverband berichtete von «Enttäuschung» und «Wut» unter seinen Mitgliedern. Der Frust richtet sich nicht nur gegen Grossbritannien, sondern auch gegen die EU: Die Fischer fühlten sich von der Kommission «im Stich gelassen», erklärte der regionale Fischereiverband der Region Hauts-de-France.

Der Regionalverband drohte mit neuen Blockadeaktionen gegen britische Importe. Diese würden mit den Aktionen vom 26. November «auf einer Linie liegen». Damals hatten französische Fischer den Güterverkehr durch den Eurotunnel blockiert und Fähren sowie andere Schiffe am Anlegen in den französischen Häfen am Ärmelkanal gehindert.

Der Fischerei-Streit hatte sich in diesem Jahr bereits mehrmals zugespitzt. Im Mai entsandte die britische Regierung sogar zwei Kriegsschiffe vor die Insel Jersey, nachdem sich dort mehr als 50 französische Fischkutter zu einer Protestaktion versammelt hatten.

Die Beziehungen zwischen Paris und London werden zudem noch durch eine Reihe anderer Streitthemen belastet. Darunter sind die Überfahrten von Flüchtlingen von Frankreich über den Ärmelkanal in Richtung Grossbritannien und die Kooperation von Grossbritannien und den USA mit Australien beim Bau atomarer U-Boote. Australien hatte wegen dieser neuen Kooperation einen milliardenschweren Auftrag für U-Boote aus Frankreich aufgekündigt.

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