EU-Parlament stimmt umstrittenem Handelsabkommen mit Singapur zu
Das Europaparlament hat am Mittwoch dem umstrittenes Handelsabkommen mit Singapur zugestimmt.
Das Handelsabkommen werde den Zugang von EU-Unternehmen nicht nur zum Markt in Singapur erleichtern, sondern auch zur gesamten Asean-Region, betonte der Berichterstatter, der britische Labour-Abgeordnete David Martin. Zugleich stelle es einen guten Schutz der Arbeitnehmerrechte und der Umwelt sicher.

Das Wichtigste in Kürze
- Linke und Grüne sehen Arbeiterrechte und Umweltstandards nicht genügend geschützt .
Der Vertrag soll binnen fünf Jahren praktisch alle Zölle zwischen der EU und dem südostasiatischen Land abschaffen. Ausserdem soll er den freien Dienstleistungsverkehr ermöglichen und EU-Unternehmen den Markt für öffentliche Aufträge in Singapur öffnen, etwa im Bahnsektor. Europäische Produkte mit Herkunftsbezeichnungen wie Nürnberger Bratwürstel oder Cognac bleiben geschützt.
Das erste bilaterale Handelsabkommen zwischen der EU und einem Mitgliedsland des Verbands Südostasiatischer Nationen (Asean) soll zudem ein Modell für ähnliche Übereinkünfte mit anderen asiatischen Ländern sein. Für den Vertrag stimmten 425 Abgeordnete, vor allem aus dem konservativen und liberalen Lager. 186 Parlamentarier stimmten dagegen und 41 enthielten sich.
Viele Vertreter des linken Lagers sowie die Grünen lehnten das Abkommen ab, weil sie die Arbeiterrechte und europäische Umweltstandards nicht ausreichend geschützt sehen. Auch fürchten sie, dass der Vertrag eine Regulierung der Finanzmärkte erschweren könnte.
Ebenfalls verabschiedet wurden ein Investitionsschutzabkommen mit Singapur, das zur Beilegung von Streitigkeiten ein Gerichtssystem mit unabhängigen Richtern vorsieht, und ein Kooperationsabkommen, das die Zusammenarbeit auf andere Bereiche ausdehnen soll.
Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), kritisierte dagegen, die Regierung von Singapur habe sich weder klar zu den Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bekannt noch einen Plan zu deren Umsetzung vorgelegt. Daher hätten die SPD-Europaabgeordneten das Abkommen geschlossen abgelehnt.
Der Vertrag enthalte zwar Sozial- und Umweltstandards, doch seien diese nicht bindend, kritisierte auch der deutsche Grüne Sven Giegold. Singapur habe nicht einmal die ILO-Konventionen zur Abschaffung der Zwangsarbeit und zur Freiheit der Gewerkschaften ratifiziert, monierte der französische Sozialist Eric Andrieu.
Erfreut äusserte sich hingegen der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Für die deutsche Wirtschaft biete eine engere Vernetzung der EU mit der Asean-Region ein beachtliches Chancenpotenzial: «In Südostasien spielt derzeit die konjunkturelle Musik.»
Der europäische Arbeitgeberverband Business Europe sprach von einem «grossen Schritt zur Ankurbelung des Handels zwischen der EU und Asien.» Die Länder der Asean-Gruppe seien mit ihren 630 Millionen Verbrauchern der drittgrösste nicht-europäische Handelspartner der EU. Nach Angaben des Europaparlaments haben bereits mehr als 10.000 europäische Unternehmen Niederlassungen in Singapur. Das Land sei schon heute mit Abstand der wichtigste Handelspartner der EU in der Region.
Der Rat der EU-Staaten muss das Handelsabkommen nun noch formal abschliessen. In Kraft tritt es dann zwei Monate später. Die Abkommen für Investitionsschutz und Kooperation können erst in Kraft treten, wenn die Parlamente der EU-Staaten sie ratifiziert haben.