Die Schweiz muss mit Blick auf die Stromversorgung nach Ansicht der Aufsichtsbehörde handeln. ElCom-Präsident Werner Luginbühl warnte am Freitag an einem Forum der Regulierungsbehörde in Luzern vor einer zu stark auf Stromimporte abgestützten Strategie.
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Stromsicherheit steht bei Schweizer Bevölkerung an erster Stelle. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Sich auf immer mehr Importe aus dem Ausland vor allem im Winter zu verlassen, sei keine gute Strategie, sagte er.

Die Lage habe sich mit dem Abbruch der Beratungen über ein institutionelles Rahmenabkommen mit der EU im Mai sogar noch verschärft. Die Schweiz ist teilweise - vor allem im Winter - auf Strom aus Deutschland und Frankreich angewiesen. Zu anderen Zeiten exportiert sie.

Ein mögliches Stromabkommen mit der EU liegt seit 2018 auf Eis. Laut einem jüngst veröffentlichten Bericht zur Versorgungssicherheit mit Strom könnte der Schweiz im schlimmsten Fall schon ab 2025 zu wenig Strom zur Verfügung stehen, falls nicht mindestens auf technischer Ebene Fortschritte erzielt werden. Wirtschaftsminister Guy Parmelin hatte Unternehmen im Oktober dazu aufgerufen, sich auf Mangellagen vorzubereiten.

«Im Sinne des Vorsichtigkeitsprinzip» brauche es zusätzliche Vorkehrungen mit Blick auf eine möglicherweise angespannte Situation 2025, sagte Luginbühl weiter. So habe der Bundesrat seine Behörde etwa beauftragt, ein Konzept für ein «Spitzenlast-Gaskraftwerk» (für kurzzeitig auftretende hohe Nachfrage) zu erarbeiten.

Derzeit werde untersucht, welche Standorte, welche Kapazitäten sowie welche Technologien sich eignen würden und was mit Blick auf die Stromleitungen nötig wäre. Bis Ende des Jahres werde man die Ergebnisse dem Bundesrat präsentieren, sagte er.

Luginbühl bekräftige gleichzeitig frühere Aussagen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für mehr inländische Produktion verbessert werden müssten. Ein grosses Hindernis seien hierzulande nicht genügende wirtschaftliche Anreize, weshalb die Stromkonzerne hauptsächlich im Ausland in erneuerbare Energien investierten.

Ein Stichwort seien etwa «Umwelthürden» für Wasser- und Windkraft. Der Umweltschutz stehe in Diskrepanz zur Versorgungssicherheit, wo Luginbühl auch die Politik in der Verantwortung sieht: «Zuwarten und hoffen, dass der fehlende Strom schon importiert werden kann», gehe nicht.

Der Direktor des Bundesamtes für Energie (BFE), Benoît Revaz, geht davon aus, dass die Stromimporte nach dem Ausstieg aus der Atomkraft zwischenzeitlich ansteigen dürften - bis genügend erneuerbare Energien zugebaut sind, um den Bedarf zu decken. Er betonte am Forum daher die Wichtigkeit, verbindliche Ziele für den Ausbau von Wasserkraft und anderen erneuerbaren Energien zu haben, und diese Technologien weiterhin zu fördern.

In der Schweiz sind nach der Abschaltung des Kernkraftwerks Mühleberg im Jahre 2019 noch vier Atommeiler in Betrieb. Es gibt keine gesetzliche Laufzeitbeschränkung; sie dürfen so lange laufen, wie sie sicher sind. Neue dürfen aber keine gebaut werden. Atomkraft macht derzeit noch mehr als ein Drittel der Stromproduktion in der Schweiz aus.

Für den kommenden Winter gibt die ElCom indes Entwarnung. Trotz der hohen Strompreise seien die Speicherseen wie zu dieser Zeit üblicherweise gefüllt, und im Winter würden voraussichtlich auch alle Atomkraftwerke laufen, bekräftigte die Behörde am Freitag Aussagen von Ende September.

International gehe die Entwicklung zwar in eine «schlechte» Richtung, für den Winter 2021/2022 sollte sie noch nicht dramatisch sein. Die derzeit sehr hohen Strompreise seien derweil eine Folge der hohen Gaspreise, hätten aber keinen direkten Einfluss auf die Versorgungssicherheit, sagte eine Sprecherin am Rande des Forums zur Nachrichtenagentur AWP.

Am ElCom-Forum 2021 waren am Freitag 300 Branchenvertreter versammelt. Die Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) überwacht unter anderem die Versorgungssicherheit und regelt Fragen zum internationalen Stromtransport und -handel.

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