Markus Ritter: «Wie viel Tierwohl darf es sein?»
Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands, schreibt darüber, wie sich der Preis am Regal auswirkt.

Das Wichtigste in Kürze
- Theoretisch möchten alle maximal glückliche Nutztiere, schreibt Kolumnist Markus Ritter.
- Vor dem Regal entscheide aber dann der Preis beim Einkauf mit.
Wie viel Tierwohl darf es sein? Vielleicht denken Sie nun: Was soll diese dumme Frage? Natürlich will ich, dass es auch den Nutztieren maximal gut geht.
Aus Sicht der Bauernfamilien ist diese Frage hingegen zentral – und sie ist alles andere als dumm.
Denn: Es geht hier um eine grundsätzliche Angelegenheit, die oft zu Missverständnissen führt.
In den Köpfen vieler Menschen sieht die ideale Tierhaltung in etwa so aus: Alle Tiere haben viel Platz. Sie können sich frei bewegen. Alle (auch Nicht-Grasfresser) haben Zugang zu einer Weidefläche.

Die Bestände sind überschaubar. Ihr Futter stammt aus biologischem Anbau, möglichst vom eigenen Betrieb. Die Kühe tragen Hörner. Und wenn sie krank sind, erhalten sie zuerst Globuli vom Naturheilarzt.
Der Absatz fehlt
Diese Art der Tierhaltung ist keine Utopie. Mit dem Demeter-Label gibt es genau diese Art von Schweizer Fleisch, Milch oder Eier zu kaufen.
Das Problem? Dieses besonders strenge Label fristet ein absolutes Nischen-Dasein.
Aufwändige Produktion, höherer Preis
Das liegt nicht daran, dass es zu wenig Bauernbetriebe gibt, die ihre Tiere maximal tierfreundlich halten wollen. Vielmehr fehlt der Absatz, oder anders gesagt: Es gibt zu wenig Leute, die Demeter-Fleisch, Milch oder Eier kaufen.
Denn natürlich ist diese Art von Produktion auch mit einem höheren Preis verbunden.
Wem Demeter zu teuer ist, der kann als nächste Stufe zur Bio-Produktion greifen. Doch auch hier stockt es beim Verkauf.
Das Angebot geht dann über Labels wie IP Suisse weiter zur konventionellen, inländischen und dann zur ausländischen Produktion.

Je weniger Tierwohl und je weniger einheimisch, desto günstiger wird es. Theoretisch möchten alle maximal glückliche Nutztiere. Vor dem Regal entscheidet dann der Preis beim Einkauf mit.
Deshalb stellt sich also für die Schweizer Bauernbetriebe durchaus die Frage «Wie viel Tierwohl darf es sein?».
Zum Autor: Markus Ritter (58) ist Nationalrat (Die Mitte) und gewählter Präsident des Schweizer Bauernverbandes.