Sam Urech (35) aus dem Zürcher Oberland ist Halleluja-Kolumnist. Er schreibt auf Nau.ch das Wort zum Freitag.
Sam Urech.
Sam Urech ist Kolumnist auf Nau.ch. - zvg

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Ich bin weder Politiker noch Theologe. Was jetzt kommt, ist eine Geschichte aus meinem Leben.

Mein Bruder ist schwul. Zusammen sind wir in einer Freikirche aufgewachsen, haben sogar im Gebäude dieser Gemeinschaft gewohnt. Und als Pastorensöhne gerne Bibel-Comics gelesen, während Mitschüler zum «Bravo» onanierten.

«Homosexualität kam in meinem Weltbild nicht vor»

In meinem damaligen Weltbild kam Homosexualität nicht vor. Geschnallt, dass mein älterer Bruder schwul ist, habe ich erst, als ich Erwachsen war und er sich outete. Meine Welt brach zusammen. «Mein Bruder ist schwul? Wie kann er nur?»

Oh und dann kam diese Erhabenheit. Ich fühlte mich so rein. Ich, als Hetero – wie war ich ihm überlegen, niemals waren meine Sünden so schlimm wie seine.

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Es begannen die endlosen Diskussionen über jeden Bibelvers zum Thema Homosexualität. Wissende knurrten aus allen Himmelsrichtungen und zeigten meinem Bruder biblisch auf, wie schlimm er empfindet. Er reiste quer durch die Schweiz, um sich von seiner Homosexualität freibeten zu lassen. Eine Tortur für seine Seele.

«Mein Bruder wünschte, er hätte nie von Jesus gehört»

Und dann kam der Tag, der in mir alles veränderte. Als gebrochener Mann sass mein Bruder am Boden, lehnte an den Heizkörper, vergrub das Gesicht in seine Hände und sagte: «Ich wünschte mir, ich hätte nie von einem Jesus gehört. Der Druck und diese Angst vor der Hölle bringen mich um.»

Ich erschrak: Ist Gott so? Hat mein Bruder tatsächlich kein Recht auf Liebe? Möchte Gott ihn wirklich bestrafen, für das, was er ist und seit seiner Zeugung war?

Endlich brach mein unsäglich arrogantes Verhalten auf und ich entschuldigte mich bei meinem Bruder für den jahrelangen Wunsch, ihn zur Heterosexualität zu bekehren. Muss er doch nicht! Er ist gut so, wie er ist und braucht sich nicht zu ändern.

Klammer auf: Ich sollte mich davor hüten, homophobe Menschen zu verurteilen – ich hatte mich ja selber nicht besser verhalten. Klammer zu.

«Warum äussert sich Jesus nicht zum Thema?»

«Lustig! Dieser Halleluja-Kolumnist glaubt an die Bibel und kaum betrifft es seine Familie, zimmert er sich seine eigene Auslegung zusammen.» Gedanken, die ich nachvollziehen kann, denn ich argumentiere hier tatsächlich nicht wirklich theologisch.

Warum nicht? Weil mich die gängigen Bibelauslegungen und Ansichten nicht überzeugen – zu viele Fragen werden zu schwammig beantwortet. Zu wenig äussert sich Jesus in den Evangelien selbst zum Thema. Über die Gefahren von Geld und Besitz sprach Jesus unzählige Male, über Homosexualität nie. Wieso nicht?

Was ich weiss: Gott liebt meinen Bruder so wie er ist und so, wie er ihn geschaffen hat.

Ich liebe ihn ebenfalls und wünsche ihm die gleichen Rechte wie mir. Die gleichen Rechte? Ich bin verheiratet und habe eine Familie. Ja, auch das wünsche ich ihm. Und mehr noch, ich wünsche jedem Kind auf dieser Welt einen Vater, wie mein Bruder ein Vater wäre.

Zum Autor:

Sam Urech ist 35-Jährig, verheiratet, Vater eines kleinen Jungen (2), hat viele Jahre beim Blick als Sportjournalist gearbeitet und ist heute Inhaber der Marketing Agentur «RatSam».

Sam liebt seine Familie, Guinness, Fussball, Darts, den EHC Wetzikon, Preston North End und vor allem Jesus Christus. Sam schreibt wöchentlich auf Nau.ch über seine unverschämt altmodischen Ansichten.

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