Brunschweiger: «Sitzordnung für Kids im Flugzeug!»
Zwei Vierjährige, die hinter ihren Eltern sitzen, machen im Flugzeug anderen Passagieren den Flug zur Hölle. Unsere Kolumnistin fordert eine Sitzordnung.

Das Wichtigste in Kürze
- Dr. Verena E. Brunschweiger schreibt auf Nau.ch regelmässig Kolumnen.
- Heute schreibt sie über das (Fehl)-Verhalten von Eltern mit Kids in Flugzeugen.
Eine Kreissäge oder ein Düsenjet, der in hundert Metern Entfernung startet – so fühlen sich die 114 Dezibel an, die jüngst gemessen wurden, als der Lärm von Kindern zwischen null und drei Jahren untersucht wurde.
Die «Frankfurter Rundschau» schrieb über das Thema und titelte folgendermassen: «Lärm wie auf der Baustelle». Konkret ging es um die Arbeitsbelastung von Kita-Angestellten …
Jetzt kann man sagen, dass sich Erzieherinnen ihren Job ja selbst aussuchen. Wie aber sieht die Sache aus, wenn man mit zahlreichen kleinen Kreissägen in einer Metallbox auf engstem Raum zusammen gepfercht ein paar Stunden überleben muss?
Eigene Kids schreien in hinterer Flugzeug-Reihe
So erging es zwei Zürchern auf einem Flug Palma-Zürich im Juni dieses Jahres, als zwei Vierjährige, die nicht bei ihren Eltern sassen, die Reise für alle Passagiere in ihrer Nähe zu einer Art Höllentrip machte.
Es wurde während dem Flug geschrien und gezankt, was das Zeug hielt. Und die Eltern, die eine Reihe weiter vorne sassen? Denen war das egal.
Insofern verwundert es wenig, dass gestresste Mitreisende mit der Forderung «Sitzordnung für Kids im Flugzeug!» ihrem Ärger Luft machten.

Was selbstverständlich scheint, ist es leider nicht: dass Eltern bei, ja eventuell sogar zwischen ihren Kindern sitzen – und auf deren Verhalten achten. Nein, sie waren froh, dass sie eine Reihe weiter vorne ihre eigene Ruhe hatten und überliessen die Kids sich selbst.
Babysitze werden im Flugzeug markiert
Wir erinnern uns an einen Artikel von «Travelnews»: Platz 1 von allem, was im Flugzeug nervt, sind brüllende Babys. Das scheint ein Problem zu sein. Auch im «Stern» liest man, dass Japan Airlines Babysitze markiere, damit Passagiere mehr Ruhe haben.
Denn: Kleinkinder in Flugzeugen seien oft eine Nervenprobe – nicht nur für die Eltern, sondern auch für Mitreisende. «Sie lärmen, weinen und quengeln. Langstreckenflüge werden zur stundenlangen Herausforderung. Passagiere, die das Pech haben, einen Platz in unmittelbarer Nähe gebucht zu haben, haben kaum eine Chance.»
Narrenfreiheit in Europa
Der Journalist erwähnt zwei Mal, dass im dicht besiedelten Japan Rücksichtnahme und Ruhe im öffentlichen Raum zentral seien. Ganz anders als in Europa, wo Eltern und Kinder komplette Narrenfreiheit geniessen – und das zumeist auch nonchalant ausnutzen.
Das i-Tüpfelchen in diesem Kontext ist, dass einige davon trotzdem die Stirn haben, sich über den gestiegenen Bedarf an kinderfreien Räumen zu wundern!
Ihre Kinder sind jetzt das Problem von anderen
Ja, es gibt Eltern, die sich um ihre Kinder kümmern und versuchen, ihnen klarzumachen, dass im öffentlichen Raum ein bestimmtes Verhalten unabdinglich ist, wenn ein zivilisiertes gesellschaftliches Miteinander möglich sein soll.
Aber, oftmals sind es die ignoranten Eltern, die allen anderen die Reise oder die Ferien ruinieren, indem sie so versunken ins Handy glotzen. Und dass man den Eindruck hat, ihre unkontrolliert lärmenden Kids hätten rein gar nichts mit ihnen zu tun! Ihre Kinder werden so zum Problem von anderen.
War ich mal in Brasilien?
Übrigens: Glauben Eltern, dass sich ein Einjähriger später noch erinnert, wie der Pool in Brasilien war. Höchstens erinnert er sich an das Trauma bei Start, Landung und Turbulenzen …
Aber er zählt ja auch nur pro forma, worum es eigentlich geht, ist die gnadenlose Amüsierwut der Eltern, die auf Kosten aller anderen ausgelebt wird. Seien es unschuldige Mitmenschen oder sogar das eigene Kind.

Gehören Kinder in volle Beizen?
Es gibt auch Orte wie vollgestopfte Restaurants oder Bars, die für Kinder nicht geeignet sind. Kein Wunder, dass sie sich dort oft so benehmen, dass sie unschuldige Dritte stören.
Gerade im Alter zwischen Null und Drei hat man wenig Mitspracherecht, wohin man geschleppt und gezerrt wird.
Also, liebe Eltern, wenn euer Job schon so verantwortungsvoll ist, wie ihr immer behauptet, dann nehmt diese Verantwortung doch bitteschön auch wahr und ernst!
Um es noch mal zusammenzufassen: Wenn Leute mit Kindern schon meinen, unbedingt fliegen zu müssen, dann braucht es unbedingt kinderfreie Flüge oder wenigstens kinderfreie Zonen.
Oder die Kennzeichnung von Reisenden unter zwei Jahren, wie bei den Japanern. Denn nicht jeder hat gern eine Kreissäge im Ohr. Und es ist das gute Recht rücksichtsvoller Menschen, sich so umfassend, wie es nur geht, davor zu schützen.
Zur Person: Dr. Verena E. Brunschweiger, Autorin, Aktivistin und Feministin, studierte Deutsch, Englisch und Philosophie/Ethik an der Universität Regensburg. 2019 schlug ihr Manifest «Kinderfrei statt kinderlos» ein und errang internationale Beachtung.