Die Stadt Zürich hat die Mietregeln verschärft. Eine Frau weigert sich aber, aus ihrem Sechszimmerhaus auszuziehen – und bekommt vom Obergericht recht.
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In Zürich lässt sich nur schwer eine bezahlbare Wohnung finden. Die Stadt Zürich hat deshalb die Regeln für Mieter städtischer Wohnungen verschärft, darf diese aber nur bedingt umsetzen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Stadt Zürich will, dass städtische Wohnungen nicht unterbelegt sind.
  • Eine Frau, die seit fast 30 Jahren in einem Sechszimmerhaus wohnt, muss aber nicht raus.
  • Das Obergericht entschied, dass der Vertrag nicht nachträglich geändert werden darf.
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In der Stadt Zürich herrscht Wohnungsnot. Viele freie Wohnungen gibt es nicht, und die wenigen bezahlbaren sind hochbegehrt. Deshalb macht nun der Fall einer Frau, die alleine in einem städtischen Sechszimmerhaus lebt, Schlagzeilen.

Vor 29 Jahren zog sie dort ein und bezahlte 2860 Franken Miete, wie der «Tagesanzeiger» aus Gerichtsdokumenten berichtet. Damals lebte sie noch mit ihrem Mann, seit dessen Tod aber alleine. Dies widerspricht der 2019 in Kraft getretenen Vermietungsverordnung für städtische Wohnungen.

Zürich
Die Stad Zürich will die verschärften Regeln auch auf Mieter, die schon lange in städtischen Wohnungen leben, ausweiten, stösst dabei aber auf Probleme. (Symbolbild) - keystone

Darin wird festgelegt, dass die Zahl der Räume die Zahl der Bewohner um höchstens eins überschreiten darf. Zudem darf der Lohn maximal das Sechsfache der Miete betragen. In den nach dem 1. Januar 2019 abgeschlossenen Mietverträgen sind diese Bedingungen niedergeschrieben, ältere wurden angepasst.

Bei den 4900 nachträglich verschärften Verträgen galt eine fünfjährige Schonfrist. Mietenden, die die Bedingungen nicht erfüllten, wurden mindestens zwei Ersatzwohnungen angepasst. Wer diese ablehnte, dem drohte die Kündigung. Die Schonfrist ist nun abgelaufen, rausgeworfen wurde niemand – wegen des Zürcher Obergerichts.

Sind Sie auf Wohnungssuche?

So zog die Mieterin im Sechszimmerhaus und ein Mieter, dessen Lohn zu hoch für seine städtische Wohnung ist, vor Gericht. Das Zürcher Mietgericht und nun das Obergericht gaben ihnen recht.

Gemäss den städtischen Regeln müsste die Frau vier Mitbewohner haben oder in eine Zweizimmerwohnung umziehen. Doch die Vorgabe, sie müsse mit vier anderen Personen zusammenleben, verletzt ihre Privatsphäre, so das Gericht. Zudem gebe es nur eine Toilette im Haus. Es sei also nicht zumutbar, dass die Mieterin mit vier Fremden zusammenlebe.

Auch beim Mieter mit dem wohl zu hohen Lohn kritisiert das Obergericht die Stadt: Eine Verschärfung der Maximalverdienstklausel sei nachträglich nicht zumutbar. Das Gehalt dürfe nicht plötzlich zum Kündigungsgrund werden. Ganz allgemein hält das Gericht fest, dass «keine fundamentalen Eingriffe» in bestehende Mietverträge erlaubt seien.

Stadt Zürich zieht vor Bundesgericht

Abgeschlossen ist die Sache aber noch nicht, die Stadt ist mit dem Entscheid nicht einverstanden. Denn es gebe plausible und breit abgestützte Gründe für die Anpassung der Mietverträge. Städtische Wohnungen sollten von jenen gemietet werden, die darauf angewiesen seien. Zudem gebe es keine ewige und unveränderliche Nutzungsgarantie.

Kornel Ringli, Sprecher von Liegenschaften Stadt Zürich, sagt dann auch zum «Tagesanzeiger», dass man die Urteile ans Bundesgericht weiterziehen werde. Bis in Lausanne entschieden wird, werde man bei den alten Verträgen keine Kontrollen machen.

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