Wohnungsnot zieht Schweizer auf Campingplätze
Campingplätze erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Grund dafür ist die Wohnungskrise im Raum Zürich. Und der Trend hat einen Haken.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein Wohnmobil-Verein erhält mehr Anfragen rund um das Wohnen auf einem Campingplatz.
- Auf einem Zürcher Campingplatz leben bereits Leute nach gescheiterter Wohnungssuche.
- Doch vielerorts ist permanentes Wohnen auf Campingplätzen verboten.
Eine bezahlbare Wohnung zu finden, ist in Zürich und Umgebung beinahe unmöglich geworden. 2024 sind die Mietpreise in der Stadt Zürich innert zwei Jahren um sechs bis neun Prozent gestiegen. Zahlreiche Leerkündigungen verschärfen die Wohnungsknappheit.
Etwa die 81-jährige Susanne Haug muss aus ihrer günstigen Wohnung im Zürcher Kreis 3 ausziehen.

Nach erfolgloser Wohnungssuche ist sie sogar bereit, auf einen Campingplatz zu ziehen. Haug ist kein Einzelfall.
Trend bestehe seit zwei bis drei Jahren
«Wir erhalten klar mehr Anfragen von Leuten, die auf einem Campingplatz wohnen wollen.» Dies sagt Rolf Järmann, Geschäftsführer des Vereins Wohnmobilland Schweiz, zu Nau.ch. Dieser Trend bestehe seit zwei bis drei Jahren.
Die Interessenten seien meist zwischen 30 und 50 Jahre alt. Oft geht es laut Järmann um rechtliche Fragen.
Denn: Einen Campingplatz zu seinem neuen zu Hause zu machen, ist schwieriger, als es scheint.
Fabienne Huber, Geschäftsführerin von Swisscamps, dem Verband Schweizerischer Campings, sagt zu Nau.ch: «In den meisten Gemeinden und Städten ist das permanente Wohnen auf Campingplätzen nicht erlaubt.»
Vom Hausarzt bis zur Pflegerin – alle wohnen auf dem Campingplatz
Der Campingplatz Schützenweiher in Winterthur ZH registriert pro Jahr rund 80 Anfragen für einen Stellplatz mit Erstwohnsitz.
In einigen Jahren ist die Anzahl laut Basil Tulinski, Organisator auf dem Campingplatz, um einiges tiefer. In anderen sei sie aber fast doppelt so hoch.
«Momentan beherbergen wir rund 50 Dauercamper», sagt Basil Tulinski.
Einen davon begleitete Nau.ch im Dezember 2023.
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47 der Dauer-Camperinnen und -Camper gehen laut Tulinski «ganz normal einer Arbeit» nach. Die Bandbreite reiche von Hausärzten, Pflegerinnen, Buschauffeuren, Handwerkern, Informatikern bis hin zu KV-Angestellten.
Würde der Campingplatz alle Plätze zur Dauermiete ausschreiben, wäre dieser laut Tulinksi innerhalb von zwei Wochen gefüllt.
«Plätze zur Dauermiete stellen in der heutigen Zeit ein echtes Bedürfnis der Schweizer Bevölkerung dar.» Vor allem in den letzten fünf Jahren falle dieser Trend auf.
«Neuen Job, aber noch keine Wohnung gefunden»
Oft weichen auch Studierende auf diese Wohnform aus. «Solche, die keine Studentenwohnung gefunden haben, bevor das Studium begonnen hat», sagt Tulinski.
Daher zögen sie mit dem Camper ihrer Eltern oder dem eigenen als Übergangslösung auf den Campingplatz. «Bis es ihnen so gut gefällt, dass sie bleiben möchten.»
Aber auch ein Jobwechsel kann der Auslöser sein. «Zum Beispiel haben sie einen neuen Job in der Region, aber noch keine Wohnung gefunden.» Oft bleibe auch diese Gruppe am Schluss längerfristig.
Manche älteren Camper entscheiden sich laut dem Organisator bewusst für dieses Leben. «Zum Beispiel, weil die Rente für eine Wohnung in Stadtnähe nicht ausreicht.»
Nachfrage nach Wohnen in Tiny Häusern
Auch bei Swisscamps melden sich vermehrt Leute, die auf Campingplätzen wohnen wollen.
«Die Nachfrage ist vor allem bezogen auf den Trend für Tiny Häuser da», sagt Fabienne Huber.
Grund dafür sind ihr zufolge aber nicht die höheren Mieten. «Sondern vielmehr der Trend, in Tiny Häusern zu wohnen.» Die Interessenten wollten ihren Wohnraum und auch Besitz reduzieren.
Hauseigentümerverband ist Problem nicht bekannt
Der Hauseigentümerverband Zürich (HEV) sieht keinen Handlungsbedarf gegen die Not, im Wohnwagen statt in Häusern zu wohnen.
«Davon haben wir noch nichts vernommen», sagt ein Sprecher auf Anfrage. Daher könne der Verband die gestellten Fragen auch nicht beantworten.
In Zürich haben sich dagegen erst vor wenigen Wochen Tausende Menschen zu einer Demo für mehr bezahlbaren Wohnraum versammelt.