Wohnungsnot: Schweizer wollen keine höheren Gebäude

Simon Binz
Simon Binz

Bern,

Die Schweiz steckt in einer Wohnkrise – doch bauliche Lösungen wie höhere Häuser oder weniger Grünflächen stossen auf Widerstand.

Wohnungsnot
Die Schweizer Bevölkerung will trotz der Wohnungsnot keine höheren Gebäude. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • 61 Prozent der Schweizer Bevölkerung nehmen Wohnungsmangel wahr – vor allem in Städten.
  • Über 70  Prozent lehnen aber eine Verdichtung durch weniger Grünflächen ab.
  • Frauen, Ältere und Familien sind deutlich skeptischer gegenüber baulichen Eingriffen.

Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung nimmt den Wohnungsmangel wahr – spricht sich aber gleichzeitig gegen bauliche Verdichtung aus.

Das zeigt eine repräsentative Umfrage vom Marktforschungsinstitut «Innofact» im Auftrag von «comparis.ch». Befragt wurden demnach im April 2025 insgesamt 1011 Erwachsene in der ganzen Schweiz.

Rund 61 Prozent der Befragten sagen, in ihrer Region gebe es zu wenige Wohnungen. In Städten sind es gar 69 Prozent.

Trotzdem lehnt eine Mehrheit der Bevölkerung höhere Gebäude (50,7 Prozent) sowie den Verzicht auf Grünflächen (70,7 Prozent) ab.

«Der Wunsch nach mehr Wohnraum trifft auf den Wunsch nach Lebensqualität. Das erzeugt einen Zielkonflikt», erklärt Comparis-Immobilienexperte Harry Büsser.

Wohnungsnot Schweiz
Diese Grafik zeigt, dass die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung einen Wohnungsmangel wahrnimmt. - comparis

Frauen und ältere Menschen besonders kritisch

Die Umfrage zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Während 53,2 Prozent der Männer höhere Gebäude befürworten, lehnen sie 57,4 Prozent der Frauen ab.

Auch bei der Reduktion von Grünflächen ist der Widerstand unter Frauen deutlich grösser (75,6 Prozent Ablehnung). Bei den Männern sind es «nur» 64,1 Prozent.

Büsser vermutet kulturelle Gründe: «Frauen übernehmen häufiger Verantwortung für das Wohnumfeld. Etwa durch Kinderbetreuung, Pflegearbeit oder Nachbarschaftsbeziehungen.»

Eingriffe würden von ihnen als Bedrohung der Lebensqualität empfunden.

Wohnungsnot
Die Mehrheit der Männer ist für höher Gebäude - Frauen hingegen lehnen das Bauen nach oben eher ab. - comparis.ch

Mehr Offenheit bei Jungen und Städtern

Jüngere, höher gebildete Menschen und Stadtbewohnerinnen und -bewohner zeigen sich offener gegenüber Verdichtung.

In urbanen Gebieten unterstützen 56,6 Prozent den Bau höherer Gebäude. Bei älteren Menschen überwiegt hingegen der Wunsch nach Stabilität.

Was ist die Lösung für die Wohnungsnot?

Büsser: «Wer jünger ist oder studiert hat, kennt meist verschiedene Wohnformen. Und sieht bauliche Verdichtung wahrscheinlich eher als notwendigen Schritt für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Bei Älteren überwiegt dagegen wohl oft der Wunsch nach Stabilität und Bewahrung des Status quo»

Einsprache-Recht spaltet

Ein weiterer Befund: 48,3 Prozent der Befragten befürworten eine Einschränkung von Einsprachen bei Bauprojekten.

Vor allem Männer, ältere Menschen und Haushalte mit hohem Einkommen. Letztere hätten oft andere Mittel, sich Gehör zu verschaffen, so Büsser.

Grünflächen bleiben tabu

Selbst in Städten lehnen zwei Drittel der Befragten eine Reduktion von Grünräumen ab. «Grünflächen stehen für Lebensqualität und Rückzug – ihre Bebauung stösst auf besonders grossen Widerstand», sagt Büsser.

Bauzonen Grünflächen
Die Schweizer wollen wegen neuen Bauzonen nicht auf Grünflächen verzichten. - comparis

Fazit: Wunsch nach Wohnungen – aber nicht vor der eigenen Tür

Die Umfrage zeigt laut «Comparis» eine verbreitete NIMBY-Haltung («Not In My Backyard»).

Büsser: «Viele fordern Lösungen – aber möglichst nicht in der eigenen Nachbarschaft. Für die Wohnbaupolitik ist das eine grosse Herausforderung.»

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Kommentare

User #4916 (nicht angemeldet)

Bauliche Verdichtung produziert mehr Hitze, Dichtestress und das Regenwasser kann auch nicht mehr versickern. Die Wurzel des Problems ist was wohl?

User #1099 (nicht angemeldet)

es geht seit Jahrzehnten nicht mehr darum, was der Souverän will und wählt. MEI aus dem Jahr 2014?? Wir sehen wie toll es funktioniert.

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