Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow erhält in der Schweiz Asyl

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Stadt St. Gallen,

Der kasachische Politiker Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow und seine Ex-Frau haben in der Schweiz Asyl erhalten.

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Das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der kasachische Politiker Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow ist in Ungnade gefallen.
  • Nun haben er und seine Ex-Frau in der Schweiz Asyl erhalten.
  • Das Staatssekretariat für Migration hatte die Gesuche zuerst abgelehnt.

Die Schweiz gewährt dem in Kasachstan in Ungnade gefallenen Paar Leila und Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow Asyl. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) lehnte die Gesuche der geschiedenen Eheleute ab. Ihre Beschwerden wurden jedoch Ende Dezember vom Bundesverwaltungsgericht gutgeheissen.

Das Paar wäre bei einer Rückkehr nach Kasachstan stark exponiert. Zu diesem Entschluss ist das Bundesverwaltungsgericht in den am Donnerstag veröffentlichten Urteilen gekommen.

In Kasachstan drohen «unfaire» Justizverfahren

Die seit der Ausreise 2007 verfolgte Oppositionstätigkeit werde als Illoyalität gegenüber dem ehemaligen Präsidenten Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, gewertet. Dieser hat trotz seines Rücktritts im März 2019 nach wie vor eine Vielzahl von Ämtern inne. Diese sichern ihm noch immer grossen Einfluss.

Kasachstan Präsident Nursultan Nasarbajew
Der ehemalige Präsident Kasachstans Nursultan Nasarbajew. - Keystone

In Kasachstan würden dem in Genf lebenden Paar Justizverfahren drohen, die unfair wären, schreibt das Bundesverwaltungsgericht weiter. Das Risiko eines unfairen Verfahrens ist gemäss Bundesverwaltungsgericht asylrelevant.

Vor allem Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow hatte in Kasachstan verschiedene politische Ämter inne. Das Paar gehörte zum inneren Machtzirkel rund um Nasarbajew. Dass diese Elite korrupt und auf den eigenen Vorteil aus ist, hat Chrapunow laut Bundesverwaltungsgericht in seiner Biografie selbst kritisiert.

Verfahren gegen Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow eingestellt

Die gegen die Chrapunows angestrengten Strafverfahren in Kasachstan und in weiteren Ländern wegen Vermögensdelikten könnten allenfalls begründet sein. Dies schliesst das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil nicht aus.

In der Schweiz wurde ein im Jahr 2012 eröffnetes Strafverfahren wegen Geldwäscherei gegen Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow im November 2019 eingestellt.

Bundesverwaltungsgericht Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow
Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen. - Keystone

«Es ist bedauerlich, dass das Bundesverwaltungsgericht die kasachische Justiz mit vielen Details als korrupt und politisiert beschreibt. Andererseits gibt es den Anschuldigungen dieser Justiz gegen meine Kunden aber doch einen möglichen Kredit.» So sagte Marc Comina, Mediensprecher der Chrapunows am Donnerstag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Dies ist umso stossender, als die Genfer Justiz diese Vorwürfe selber untersucht und meine Kunden reingewaschen hat.»

Leila Chrapunow wurde in Kasachstan wegen Vermögensdelikten in Abwesenheit zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, wie das Bundesverwaltungsgericht schreibt. Dies hätten Abklärungen ergeben. Leila Chrapunow habe dazu keine Eingaben oder Aussagen gemacht. Auch ihr Ehemann wurde in Abwesenheit verurteilt.

Trotz der Verfahren und der Verurteilung verneint das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen allfälliger Asylausschlussgründe.

Aufenthaltsbewilligung wurde 2016 verlängert

Eine Person kann gemäss dem Asylgesetz asylunwürdig sein. Dies, falls sie Delikte begangen hat, die nach schweizerischem Strafrecht mit einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren geahndet würden. Dabei kann es sich auch um Vermögensdelikte handeln.

Trotz Asylunwürdigkeit kann eine Person auch lediglich als Flüchtling anerkannt werden. Dieser rechtliche Status ist jedoch weitaus schlechter. Eine Wegweisung nach Kasachstan hätte den Chrapunows auch bei einer Abweisung ihrer Asylgesuche nicht gedroht.

Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow
Das Staatssekretariat für Migration hat das Gesuch der Chrapunows zuerst abgelehnt. - Keystone

Das Bundesamt für Justiz lehnte ein Auslieferungsgesuch Kasachstans im Juni 2014 ab. Es verwies dabei auf das Rechtshilfegesetz. Dieses schliesst die internationale Zusammenarbeit in Strafsachen aus.

Dabei muss eine Person wegen ihrer politischen Anschauungen, ihrer Volkszugehörigkeit oder anderer Gründe im ersuchenden Staat verfolgt werden. Oder das dortige Verfahren muss andere schwere Mängel aufweisen.

Das Völkerrecht schliesst zudem die Rückweisung in ein Land aus, in dem der Person Gefahr für Leib und Leben droht. Die Aufenthaltsbewilligungen der Chrapunows wurden gemäss Urteil des Bundesverwaltungsgericht 2016 verlängert.

Affäre sorgte für Wirbel im Parlament

Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow und seine Ex-Frau wurde in der Schweiz vom kasachischen Staat überwacht und Opfer von Cyberattacken. Es wurde auch versucht, sie nach Kasachstan zurückzulocken.

Wiktor Wjatscheslawowitsch Chrapunow
Ex-Nationalrat Christian Miesch. - Keystone

Für Wirbel sorgte die Kasachstan-Affäre im Schweizer Parlament. Dem ehemaligen SVP-Nationalrat Christian Miesch (BL) wurde vorgeworfen, gegen Geld eine Interpellation eingereicht zu haben. Diese soll von Kasachstan über den Ex-Botschafter Thomas Borer aufgegleist worden sein. Eine Strafuntersuchung gegen Miesch und Borer wurde im Sommer 2019 eingestellt.

Vergangenen September wies das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde des Sohnes der Chrapunows ab. Er war wegen laufender Strafverfahren nicht eingebürgert worden. Dessen Frau ist die Tochter des ebenfalls vom System Nasarbajew abgefallenen Muchtar Abljasow.

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