Treibt das Coronavirus die Krankenkassen-Prämien in die Höhe?
Das Wichtigste in Kürze
- Das Coronavirus wirkt sich nur geringfügig auf die Krankenversicherer aus.
- Entstehen Mehrkosten durch das Coronavirus, werden diese über die Reserven gedeckt.
- Dennoch dürften die Krankenkassenprämien im kommenden Jahr leicht steigen.
Mehr als drei Monate ist es her, dass die Schweiz in den durch das Coronavirus bedingten Lockdown versetzt wurde. Die erste Welle war gross – im ersten Monat des Lockdowns wurden über 3000 Personen aufgrund der Covid-19-Erkrankung hospitalisiert.
Doch wie wirkt sich die Lage auf die Krankenversicherer aus? Müssen wir nächstes Jahr mit happigen Prämien-Anstiegen rechnen?
Geringerer Leistungsaufwand während Lockdown trotz hoher Behandlungskosten
Dadurch sind hohe Kosten entstanden: Verena Nold, Direktorin des Verbands der Krankenversicherer, bezifferte die Kosten gegenüber der «Handelszeitung»: Ein leichterer Fall koste bei einer Hospitalisierung 7000 bis 25'000 Franken. Bei intensivmedizinischen Fällen könne ein Corona-Patient bis zu 120'000 Franken kosten.
Doch die ausserordentliche Lage hatte auch gegenteilige Effekte: Nicht dringende Behandlungen wurden ausgesetzt. Grössere Eingriffe, wie beispielsweise Hüftoperationen, wurden aufgeschoben. Viele Menschen kurierten jedoch kleinere Bagatell-Erkrankungen zu Hause aus – diesbezügliche Arztbesuche wurden komplett eingespart.
Dies bestätigt Dragana Glavic-Johansen, Mediensprecherin von Helsana: «Unsere Analysen bestätigen, dass die Kosten für medizinische Leistungen während dem Lockdown tiefer waren als vor und nach dem Lockdown.» Es sei jedoch nicht möglich, aufgrund dessen auf die Kosten im ganzen Jahr zu schliessen.
Hohe Kosten für Kantone, geringer Anstieg bei Versicherern
Bei genauerer Betrachtung wird klar, dass ein Grossteil der durch das Coronavirus erzeugten Mehrkosten durch die Kantone getragen werden muss: Corona-Tests kosten derzeit rund 95 Franken – je nach Fall bezahlt der Kanton oder die Krankenkasse.
Auch an der stationären Behandlung beteiligen sich die Kantone. Hinzu kommen die Kosten, die durch die Corona-bedingte Umstellung auf den Krisenbetrieb für die Spitäler entstanden. Auch für diese operativen Mehrkosten kommen die Kantone auf.
«Zur Kostenentwicklung lassen sich noch keine verbindlichen Angaben machen.» Matthias Müller, Mediensprecher des Branchenverbands Santésuisse, erklärt: «Bis und mit April verzeichnen wir einen Kostenanstieg von rund 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.» Möglich sei, dass sich der Kostenanstieg per Ende Jahr etwas unter diesem Wert bewegen werde. Die Zahlen seien allerdings aufgrund möglicher Nachholeffekte seit der Wiederaufnahme der Behandlungen noch mit Vorsicht zu geniessen.
Was passiert mit den Krankenkassen-Prämien?
Die Krankenversicherer befinden sich finanziell in einer unbedenklichen Situation: Alle Krankenkassen haben mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen Reserven angelegt. Damit verfügen sie über genügend Rückstellungen, um unerwartete Kosten – wie im Falle einer Pandemie – aufzufangen. Dass aufgrund der diesjährigen Mehrkosten durch das Coronavirus die Prämien steigen, schliessen mehrere grosse Krankenversicherer auf Anfrage von Nau.ch aus.
Dennoch ist eine Erhöhung der Prämien im nächsten Jahr wahrscheinlich: Da über die Prämien auch die allgemeine Teuerung im Gesundheitswesen aufgefangen werden muss, bleibt eine Erhöhung wahrscheinlich. Genauere Daten hierzu werden in den kommenden Monaten erwartet.
Der Krankenversicherungs-Experte der Vergleichsplattform Comparis, Felix Schneuwly, rechnet für 2021 mit einer Prämienerhöhung von drei Prozent. In einer Medienmitteilung hält er eine derartige Erhöhung in der aktuellen wirtschaftlichen Situation für untragbar: «Die Prämien sollten angesichts der aktuellen Wirtschaftslage nur um ein statt um drei Prozent steigen.»