Vor 1990 setzte unter anderem die SBB im Tessin ihre Mitarbeiter hohen Asbestwerten aus. Zeugen haben happige Vorwürfe erhoben.
Asbest
Ein Arbeiter mit Mundschutz und Schutzkleidung bereitet eine Abfallkiste voll asbestverseuchtem Material auf ihren Abtransport vor. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/EDDY RISCH
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Tessiner Staatsanwaltschaft hat eine vorläufige Beweisaufnahme eingeleitet.
  • Hintergrund sind mehrere Todesfälle ehemaliger SBB-Mitarbeiter durch Asbest.
  • Der SBB wird vorgeworfen, die Mitarbeiter vor 1990 unzureichend geschützt zu haben.

Mehrere Todesfälle durch Asbest bewegen die Tessiner Öffentlichkeit. Gewerkschaften und der Verein «Giù le mani» fordern die Aufarbeitung der Arbeitsbedingungen vor 1990 sowie die Rolle der Suva.

Die Staatsanwaltschaft hat sich bereits eingeschaltet: Sie hat eine vorläufige Beweisaufnahme eingeleitet, wie die Behörde am Dienstag auf Anfrage bekannt gab. Hintergrund sind Todesfälle verschiedener ehemaliger Arbeiter der SBB-Industriewerke Bellinzona, über die Tessiner Medien in den letzten Wochen berichtet haben.

Zeugen haben dabei happige Vorwürfe erhoben. Unter anderem soll die SBB die Mitarbeiter mit unzureichenden Schutzmasken ausgerüstet haben. Zudem wurde die Frage aufgeworfen, ob die Suva rechtzeitig auf die Gefahr durch Asbest reagiert habe.

SBB setzte Mitarbeiter Asbest aus

Die Unfallversicherung stellt sich in einer Stellungnahme auf den Standpunkt, dass der Arbeitgeber für die Schutzausrüstung der Arbeitnehmer verantwortlich ist. Zum konkreten Vorwurf ehemaliger Mitarbeiter der SBB-Industriewerke könne die Suva aus Datenschutzgründen keine Stellung nehmen.

Neben der SBB haben auch andere Tessiner Unternehmen vor 1990 ihre Mitarbeiter hohen Asbestwerten ausgesetzt. Dazu zählen unter anderem die Wasserkraftwerke «Officine idroelettriche di Blenio SA». Auch dort sind Asbest-Fälle bekannt geworden.

SBB
Der SBB wird vorgeworfen, ihre Mitarbeiter unzureichend vor Asbest geschützt zu haben. - Keystone

Die Unia, die Gewerkschaft des öffentlichen Verkehrs SEV sowie die Vereinigung «Giù le mani» (Hände weg) fordern eine Untersuchung der Arbeitsbedingungen vor 1990 sowie der Rolle des Unfallversicherers Suva. Bisher wurde kein strafrechtliches Verfahren eröffnet.

Unklar, wieviel die Suva wusste

Gemäss den in den Medien veröffentlichten Zeugenberichten ist unklar, wie viel die Suva damals zur Asbest-Situation in den betreffenden Betrieben wusste und ob sie in allen Fällen rechtzeitig reagierte. Auf der anderen Seite wurde auch in Frage gestellt, ob die betreffenden Unternehmen der Suva alle potenziell von Asbest betroffenen Mitarbeiter gemeldet hatten.

Aus Gründen des Datenschutzes dürfe die Suva keine Stellung zu einzelnen Betrieben nehmen, schrieb Mediensprecher Adrian Vonlanthen auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Unfallversicherer nehme das Thema aber sehr ernst und habe sich immer an den jeweils neuesten Erkenntnissen ausgerichtet. Grenzwerte und Schutzmassnahmen im Zusammenhang mit Asbest seien jeweils umgehend angepasst worden, hielt Vonlanthen fest.

Auch die SBB kann sich derzeit nicht über die Vorgänge im betreffenden Zeitraum äussern, wie Mediensprecher Patrick Walser sagt. «Zum Thema Asbest im Industriewerk Bellinzona können wir uns momentan nur über die Gegenwart äussern und nicht über die Vergangenheit.» Heute sei die SBB-Werke «ein sicherer Arbeitsort».

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SuvaSBBUniaGewerkschaft