Der nationale Stromnetzbetreiber Swissgrid bereitet sich auf einen aussergewöhnlichen Winter vor. Angesichts einer drohenden Mangellage hat er zusätzliche Aufgaben zu bewältigen.
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Das Logo der Swissgrid. - SDA

Man teile die Einschätzung des Bundes, wonach in Bezug auf die sichere Versorgung mit Strom im Winter 2022/23 Unsicherheiten bestünden, heisst es vom Schweizer Übertragungsnetzbetreiber. Swissgrid arbeite eng mit Partnern im In- und Ausland zusammen, um die zuverlässige Stromversorgung der Schweiz zu sichern.

Im Kampf gegen einen möglichen Strommangel im Winter plant der Bundesrat etwa eine Wasserkraftreserve. Ab Oktober können Speicherkraftwerkbetreiber Offerten zum Halten der Wasserreserven gegen Entgelt einreichen. Die Reserve dient zur Sicherung der Stromversorgung in der kritischen Phase gegen Ende des Winters. Dies ist eine in einem ganzen Strauss von Massnahmen, um die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energieversorgung zu minimieren.

Die operative Abwicklung der Wasserkraftreserve hat der Bundesrat Swissgrid übertragen. Man übernehme damit eine neue Rolle, die über den bisherigen gesetzlichen Auftrag hinausgehe, heisst es vom Netzbetreiber.

Die Reserve komme dann zum Einsatz, wenn das Angebot am Markt am Tag vor der Lieferung die Nachfrage nicht mehr decken kann. Der Marktakteur, dessen Nachfrage nicht gedeckt werden kann, meldet dann seinen Bedarf an Swissgrid. Der Netzbetreiber ruft dann bei den Reserveanbietern die notwendige Reserveenergie ab.

«Die Wasserkraftreserve sei vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Lage, des fehlenden Stromabkommens mit der EU und den schleppenden Bewilligungsverfahren für den Bau von Produktionsanlagen und Netzinfrastruktur für die Stromversorgungssicherheit eine nachvollziehbare und umsetzbare Massnahme», erklärt Swissgrid.

Mittel- und langfristig seien aber weitere Massnahmen nötig, um einem Strommangel wirkungsvoll zu begegnen. Dazu gehörten der Zubau von Produktionskapazität in der Schweiz sowie beschleunigte Verfahren und eben ein Stromabkommen.

Im kommenden Winter darf Swissgrid angesichts der Krise kurzfristig die Kapazität des Übertragungsnetzes erhöhen. Dadurch könne, falls nötig, mehr Strom aus dem Norden importiert werden, heisst es. Der Bundesrat hatte bereits im August über diese Option informiert: Die Spannung der Leitungen Bickigen-Chippis und Bassecourt-Mühleberg könnte dann von Januar bis April 2023 vorübergehend von 220 auf 380 Kilovolt erhöht werden.

Swissgrid bereite sich jetzt technisch darauf vor, bei einer drohenden Mangellage die Höchstspannungsleitung Bickigen-Chippis zeitweise mit 380 Kilovolt zu betreiben. Im Dezember soll ein Testbetrieb stattfinden. Für eine dauerhafte Spannungsumstellung seien hingegen Anpassungen erforderlich, die sich derzeit noch im Bewilligungsverfahren befänden.

Die Leitung Bassecourt-Mühleberg habe Swissgrid indes bereits im Herbst 2021 temporär zu Testzwecken mit einer Spannung von 380 Kilovolt betrieben. Im Falle einer kritischen Versorgungslage sei man hier daher technisch bereit. Für eine dauerhafte Umstellung seien aber noch Anpassungen erforderlich, die seit diesem September umgesetzt würden.

Swissgrid ist verantwortlich für die überregionalen Stromtrassen, das so genannte Übertragungsnetz. Dieses umfasst 6700 Kilometer Leitungen, 12'000 Masten, 125 Unterwerke mit 146 Schaltanlagen sowie 41 Verbindungen ins Ausland.

Die 380-Kilovolt-Leitungen werden grösstenteils für den Import und Export von Strom genutzt; die hohe Spannung ist nötig, um Energie möglichst ohne grosse Verluste über weite Strecken zu transportieren. In das 220-Kilovolt-Netz speisen die grossen Kraftwerke mehrheitlich ihre Energie ein.

Swissgrid muss dafür sorgen, dass das Übertragungsnetz zu jeder Zeit stabil ist, also Produktion und Verbrauch immer im Gleichgewicht sind.

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