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Stichproben-Flut: Coop-Kunden nerven sich über ständige Kontrollen

Simon Ulrich
Simon Ulrich

Bern,

Viele fühlen sich überwacht: Die KI-Kameras von Coop sollen Diebstahl verhindern, lösen aber oft Fehlalarme aus. Ein Experte verspricht bald weniger Ärger.

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An den Self-Checkout-Kassen von Coop kam es jüngst zu einer Häufung von Stichprobenkontrollen – auch wegen der neuen KI-Kameras. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Coop setzt KI-Kameras ein, die auffälliges Verhalten melden und Stichproben auslösen.
  • Viele Kunden beschweren sich über häufige Kontrollen bei Coop.
  • KI-Systeme sind oft noch ungenau und müssen mit Bildmaterial trainiert werden.

Self-Checkout-Kassen gelten als Win-Win-Lösung für Detailhändler: Sie sparen Platz, reduzieren Personalkosten und bieten Kunden ein schnelles Einkaufen.

Doch der vermeintliche Fortschritt hat auch eine Schattenseite: Mit den Selbstbedienungskassen steigt das Risiko von Diebstählen deutlich an.

Frank Horst, Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Inventurdifferenzen beim deutschen Handelsforschungsinstituts EHI, sagt zu Nau.ch: «Wir gehen davon aus, dass die Verluste im Schnitt um 20 bis 30 Prozent höher sind als an bedienten Kassen.»

Kein Wunder, haben Detailhändler ihre Sicherheitsmassnahmen im Self-Checkout-Bereich zuletzt spürbar verstärkt.

Allen voran Coop, der in diversen Filialen in der ganzen Schweiz KI-Kameras einsetzt. Diese analysieren das Verhalten der Kunden in Echtzeit und schlagen Alarm, wenn sie verdächtige Aktivitäten feststellen.

«Bei acht von zehn Einkäufen kontrolliert»

Die High-Tech-Systeme sollen helfen, Ladendiebstahl und Bedienfehler zu reduzieren – gleichzeitig sorgen sie offenbar für eine deutliche Zunahme an Stichprobenkontrollen.

Auf Social-Media-Plattformen wie Reddit häuften sich jüngst die Beschwerden von Coop-Kundinnen und -Kunden. Sie schreiben etwa:

«Diese Stichprobenkontrolle an den Coop-Selbstbedienungskassen ist wirklich lästig. In letzter Zeit wurde ich bei acht von zehn Einkäufen vom Personal kontrolliert.»

«Es fühlt sich an, als würde ich jetzt zwei von drei Malen kontrolliert. Ich packe meine Sachen ordentlich in die Tasche und jemand zieht fünf zufällige Gegenstände heraus, um sie erneut zu scannen. Das ist einfach nur ärgerlich.»

«Ich werde fast ein bis zwei Mal pro Woche kontrolliert und gehe vielleicht drei bis vier Mal pro Woche hin. Ich frage immer wieder, warum, und sie sagen, es passiert zufällig … aber ich fühle mich irgendwie angegriffen.»

Auch der Verfasser dieser Zeilen wurde kürzlich dreimal in Folge zur Kontrolle aufgefordert.

Auf Nachfrage erklärte eine Mitarbeiterin: Der Grund sei wohl die Einkaufstasche, die auf der Ablage deponiert war – sie enthielt Produkte eines vorherigen Einkaufs. Die KI-Kamera stufe dies als verdächtig ein und setze einen stillen Alarm ab.

Was die Coop-Angestellte ebenfalls bestätigte: Seit der Einführung der Kameras sei die Zahl der Stichprobenkontrollen spürbar gestiegen.

KI-Kameras brauchen viele Trainingsdaten

Frank Horst vom EHI-Institut hält die Erklärungen der Coop-Angestellten für durchaus plausibel. «Diese Systeme brauchen sehr viel Zeit, um angelernt zu werden», erklärt er.

Oft könnten die KI-Kameras noch nicht zuverlässig unterscheiden, ob es sich um Ware aus dem Laden oder von woanders mitgebrachte Gegenstände handelt.

«Da können auch mal der Regenschirm, der Kaffeebecher oder eben die in der Einkaufstasche befindlichen Produkte eine Stichprobe auslösen.»

Um die Genauigkeit der Software zu verbessern, müsse sie mit viel Bildmaterial gefüttert werden, sagt Horst.

Mit anderen Worten: Erfolgen zu viele «Falschmeldungen» zur Prüfung, ist das ein Hinweis, dass das KI-Tool noch zu wenig gut trainiert wurde.

Frank Horst
EHI-Sicherheitsexperte Frank Horst sieht grosses Potenzial in den KI-Kameras. - EHI

Die Zahl der Stichproben hänge zudem stark davon ab, wie die Händler die Systeme eingestellt haben. «Je enger das Sichtfeld, desto präziser die Erkennung», so der Experte.

Werde ein grösserer Bildausschnitt gewählt, der nicht nur die Scanner-Fläche zeigt, könne es auch häufiger zu «Fehlalarmen» kommen.

«Enormes Potenzial»

Noch spielen KI-Kameras im Schweizer Detailhandel eine geringe Rolle.

Die Swiss Retail Federation, zu deren Mitgliedern unter anderem Aldi Suisse, Manor und Lidl Schweiz zählen, schreibt auf Anfrage: «Gemäss einer stichprobenartigen Umfrage bei unseren grösseren Mitgliedern wird KI noch nicht eingesetzt.»

Einige wenige seien jedoch daran, den Einsatz von KI an den Self-Checkout-Kassen zu prüfen, so Direktorin Dagmar Jenni. «Wir gehen davon aus, dass KI mittelfristig vermehrt zum Einsatz kommen wird, um die Diebstahlrisiken und -raten zielgerichtet zu minimieren.»

Findest du KI-Überwachung beim Self-Checkout in Ordnung?

Auch Horst sieht in den KI-Systemen «enormes Potenzial». Er geht davon aus, dass diese in etwa vier bis fünf Jahren standardmässig die Self-Checkout-Bereiche überwachen werden. Bis dahin werde sich die Zuverlässigkeit der Technologie massiv erhöht haben.

Die gute Nachricht: Ärgerliche Stichprobenkontrollen werden dann weitestgehend überflüssig sein.

Coop schweigt

Und was sagt Coop zur Stichproben-Flut und den darob verärgerten Kunden?

Die Medienstelle gibt sich zugeknöpft und verweist auf «sicherheitsrelevante Aspekte», zu denen sich das Unternehmen nicht öffentlich äussere. Die Sicherheitskonzepte würden jedoch «kontinuierlich analysiert und weiterentwickelt».

Weiter betont der Detailhändler, dass sämtliche Videoaufnahmen gesetzeskonform erfolgen würden. «Coop setzte weder in der Vergangenheit noch heute Technologien wie Gesichtserkennungssoftware ein. Ebenso wenig werden biometrische Merkmale wie Körpergrösse oder Statur erfasst.»

Kommentare

User #2225 (nicht angemeldet)

Schöne neue Welt , ihr wollt sie so . Das ist erst der Anfang , die KI wird euch die Freiheit nehmen , ob bei der Arbeit oder im Verkehr 🤷

User #5476 (nicht angemeldet)

Was ist eigwntlich ein coop? Sounds suspicious.

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