Self-Checkout-Kassen führen zu Zoff mit Kassenpersonal
Eine deutsche Verkäuferin packt aus: Respekt und Anstand blieben im Alltag oft auf der Strecke. Auch die Unia schlägt Alarm – besonders bei Self-Checkouts.

Das Wichtigste in Kürze
- Eine deutsche Kassierin kritisiert fehlenden Respekt und Alltagsfrust im Job.
- Sie prangert Ignoranz, abwertende Kommentare und unrealistische Kundenerwartungen an.
- Auch in der Schweiz berichten Angestellte von Respektlosigkeit, vor allem beim Selfscan.
«Wenn du dich in der Schule nicht anstrengst, landest du später hier.»
Sätze wie diese muss sich eine deutsche Kassierin, die laut eigenen Angaben über Abitur und abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, anhören.
Und das direkt vor ihrer Nase, während Eltern ihren Kindern erklären, wie vermeintlich wenig erstrebenswert ihr Beruf sei.
In einem emotionalen und viel beachteten Beitrag auf der Plattform X macht die Detailhandelsangestellte ihrem Ärger Luft. Und spricht damit wohl vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Seele.
Mit einer Mischung aus Frust, Ironie und Klartext beschreibt sie Alltagssituationen, die das Arbeiten an der Kasse zur Geduldsprobe machen. Ein Kernpunkt: respektloses Verhalten und Ignoranz.
Sie schreibt: «Ein ‹Hallo› wird dich nicht umbringen. Meinetwegen auch in deiner Sprache, ich versteh' das schon.»
«Ich rechne den Gesamtpreis nicht selbst aus – das tut die Kasse»
Auch fehlende Wertschätzung schlägt ihr täglich entgegen. Die Kassierin kritisiert insbesondere Kundinnen und Kunden, die ihre Arbeit nicht ernst nehmen:
«Ich muss fragen, ob du einen Bon haben möchtest. Wenn nicht, reicht ein ‹Nein, danke›.» Kommentare wie «Kann ich ja eh nicht von der Steuer absetzen» höre sie etwa 200 Mal am Tag. Die seien weder witzig noch originell.
Zu den wiederkehrenden Ärgernissen zählt sie uninformierte Kundinnen und Kunden oder deren unrealistische Erwartungen an Sonderangebote:
«Wir haben die Dinge im Angebot, die im Prospekt stehen. Nicht das von einer anderen Marke. Nicht ein ähnliches Produkt.»
Auch das Preisgedächtnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird offenbar regelmässig überschätzt:
«Der Preis steht am Regal. Nein, ich bin kein schlechter Mitarbeiter, weil ich nicht jeden einzelnen Preis auswendig kenne. Wir haben ein riesiges Sortiment.»
Häufig erklären muss sie auch, dass sie weder für die Preise zuständig ist noch über magische Kassenfähigkeiten verfügt:
«Ich rechne den Gesamtpreis nicht selbst aus – das tut die Kasse.» Und: «Es ist äusserst unwahrscheinlich, dass du mit 10 Euro einen komplett vollen Einkaufswagen bezahlen kannst.»
«Ich liebe meinen Job. Sei du nicht der Grund, dass ich’s nicht mehr tue»
Besonders störend sei das Telefonieren während des Bezahlvorgangs, gepaart mit fehlender Kommunikation: «Ich muss das Kartengerät aktivieren. Wenn du einfach stumm deine Karte darauf presst, wird nix passieren.»
Abschliessend macht die Kassierin deutlich: Freundlichkeit ist keine Einbahnstrasse:
«Ich ziehe sehr viel Stolz daraus, dass ich immer nett und freundlich bin. Und ich bin in meinem Laden dafür bekannt. Mein Chef weiss, dass es wirklich sehr viel braucht, um mich unfreundlich werden zu lassen.»
Der Post endet mit einem Appell, der zugleich als Mahnung gelesen werden kann: «Ich liebe meinen Job. Wirklich. Sei du nicht der Grund, dass ich’s nicht mehr tue.»
Konflikte an der Self-Checkout-Kasse
Auch in der Schweiz erfahren Angestellte im Detailhandel Respektlosigkeit und Abwertung. Die Gewerkschaft Unia bestätigt auf Anfrage von Nau.ch: «Ja, auch unsere Mitglieder im Verkauf berichten uns davon.»
Besonders belastend sei die Arbeit an den Self-Checkout-Kassen (SCO). Zum einen müsse das Personal mehrere Kassen gleichzeitig betreuen – und werde oft noch mit zusätzlichen Aufgaben im Laden konfrontiert.

Der heikelste Teil jedoch sind die Stichprobenkontrollen. Obwohl diese zum Alltag gehören, seien sie häufig Auslöser für Spannungen, sagt Unia-Sprecherin Elisabeth Fannin: «Es ist nicht die Aufgabe des Verkaufspersonals, ‹Polizei› zu spielen. Die Kontrollen können zu Konflikten mit Kundinnen und Kunden führen.»
Doch auch abseits des SCO-Bereichs fehle es vielfach an Wertschätzung. «Unsere Mitglieder sagen klar, dass sie ihre Kundinnen und Kunden sehr schätzen. Aber dass sie sich auch mehr Respekt für ihre Arbeit wünschen», so Fannin.
Ein einfaches Grüezi, Blickkontakt, das Abnehmen von Kopfhörern – laut Unia alles Selbstverständlichkeiten, die im Alltag dennoch oft fehlen. «Das darf man von Kundinnen und Kunden erwarten», so Fannin.