Stellt die zunehmende Hitze die AKWs vor Probleme?
Die Hitzewelle sorgte dafür, dass das AKW Beznau abgeschaltet werden musste. Ist die Kernkraft genügend hitzeresistent? Ein Experte ordnet ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Das AKW Beznau fuhr seinen Betrieb wegen zu hoher Aare-Temperaturen herunter.
- Sorgen um die Hitzeresistenz der Schweizer AKWs muss man sich deswegen nicht machen.
- Experte Andreas Pautz erklärt zudem, weshalb Gösgen und Leibstadt weniger Probleme haben.
Die Schweiz erlebte zuletzt eine regelrechte Hitzewelle. Teils stiegen die Temperaturen auf über 35 Grad. Das sommerliche Wetter wirkte sich auch auf die hiesige Energieversorgung aus.
So musste das AKW Beznau abgeschaltet werden, weil die Aare zu warm wurde. Ein Weiterbetrieb hätte das Ökosystem des Flusses gefährdet.
Die Reaktoren des AKW werden nämlich mit Wasser aus der Aare gekühlt. Mittlerweile konnte Beznau wieder hochgefahren werden.

Dennoch wirft das Ereignis Fragen auf. Hitzewellen dürften mit dem fortschreitenden Klimawandel eher noch zunehmen. Sind die Schweizer AKWs genügend hitzeresistent dafür?
Gösgen und Leibstadt ohne Probleme
Nuklearforscher Andreas Pautz vom Paul Scherrer Institut sagt gegenüber Nau.ch zunächst: «Das Kernkraftwerk Beznau nimmt pro Sekunde einige hundert Kubikmeter Wasser zur Kühlung auf, die dann um einige Grad aufgewärmt in die Aare zurückgespeist werden.»
An heissen Sommertagen könne es deshalb vorkommen, dass man die Leistung des Kraftwerks zurückfahren muss. «Dies gilt aber nur für Kraftwerke, die wie Beznau ausschliesslich mit Fliesswasser aus einem Fluss gekühlt werden», betont Pautz.
Die deutlich leistungsstärkeren Kraftwerke Gösgen und Leibstadt hatten keine Probleme mit dem Temperaturanstieg. Der Grund: Sie verfügen über einen sogenannten «Kühlturm», wie Pautz erklärt.
Kühlturm kann AKW resistent gegenüber Hitzewellen machen
«Anstatt mehrere hunderte von Kubikmetern Flusswasser aus dem Fluss zu entnehmen und leicht aufgeheizt zurückzuführen, entnimmt ein KKW mit Kühlturm weniger als einen Kubikmeter pro Sekunde aus dem Fluss.» Dieser verdunste dann im Kühlturm und werde zur sichtbaren Wasserdampf-Fahne.
Ein AKW mit Kühlturm verbraucht weniger als ein Prozent der Wassermenge, die ein AKW mit reiner Flusskühlung verbraucht.
Das Fazit des Experten: «Es ist deswegen kein Problem, ein Kernkraftwerk gegenüber Hitzewellen resistent zu bauen, wenn man einen Kühlturm aufstellt.» Das Problem der zu hohen Wassertemperaturen trete nur bei Anlagen auf, die eine reine Flusskühlung haben.
Kleinere Kraftwerke bis 300 Megawatt Leistung könne man sogar nur mit Luftzug, also ganz ohne Kühlwasser, mit einem sogenannten «Trockenkühlturm», kühlen.
«Bei der vergleichsweise kleinen Anlage Beznau hatte man bei der Errichtung darauf verzichtet, da in den 70er-Jahren die Sommer nicht so heiss waren und die Flusstemperaturen nicht so stark anstiegen», so Pautz.
Axpo: Kühlturm-Bau wäre «unverhältnismässig hoher Aufwand»
Auf Anfrage sagt Christoph Trösch, Mediensprecher der Axpo, die das AKW Beznau betreibt, zudem: «Bei der Planung in den 1960er-Jahren war eine direkte Flusswasserkühlung üblich und am Standort auf der Aareinsel Beznau technisch wie wirtschaftlich sinnvoll.»

Jetzt noch einen Kühlturm zu bauen, macht aus der Sicht der Axpo wenig Sinn. Trösch erklärt: «Eine solche bauliche Massnahme wäre mit Blick auf die verbleibende Laufzeit mit einem unverhältnismässig hohen Aufwand verbunden.» Das AKW Beznau soll nur noch bis 2033 betrieben werden.
Man werde sich beim Betrieb weiterhin an die Vorschriften halten, sagt die Axpo. Das heisst laut Trösch: «Es ist möglich, dass die Anlage künftig mehr Leistungsreduktionen aus Gründen des Gewässerschutzes wird vornehmen müssen.»
Hitze-Verluste bei AKWs gering
Das Argument, dass die Kühltürme zur Erderwärmung beitragen würden, sei indes falsch, sagt Experte Pautz. «Verglichen mit der Wärmeenergie, die die Sonne täglich in die Erdatmosphäre einstrahlt, ist die Wärme, die von einem KKW ausgeht, komplett vernachlässigbar.»

Ganz allgemein lässt sich sagen, dass die Hitze kaum Folgen für die europäischen AKWs hat. Der Verlust ist laut Pautz «marginal». «Für die Vorjahre liegen die Produktionsverluste aufgrund klimabedingter Leistungsdrosselung von KKW für Europa bei unterhalb 0,5 Prozent.»
Dazu kommt, dass Kernkraftwerke im Vergleich zu anderen Energiequellen eine gute CO₂-Bilanz haben. Diese sei vergleichbar mit Wind- und Wasserkraft und etwa zwei- bis viermal besser als die Solarenergie. Die Kohle schneidet derweil etwa hundertmal schlechter ab als die Kernenergie.