Star-Gastronom Péclard: «Krankschreiben ist Volkssport geworden»
Ein Angestellter macht Party an der Langstrasse und reist um die halbe Welt – während er krankgeschrieben ist. Und er gewinnt vor Gericht!

Das Wichtigste in Kürze
- Gastronom Michel Péclard zog wegen eines krankgeschriebenen Angestellten vor Gericht.
- Statt sich auszuruhen, nutzte der Angestellte die Krankschreibung für Reisen und Party.
- Der Star-Gastronom verlor aber in allen Punkten – nun wendet er sich an die Politik.
Der Zürcher Star-Gastronom Michel Péclard (Pumpstation, Fischers Fritz) stand letzte Woche vor Gericht. Im Zentrum: ein hitziger Streit mit einem seiner Angestellten. Drogen und wiederholtes Blaumachen hatten zur Kündigung geführt. Doch der Mitarbeiter konterte geschickt: Er liess sich krankschreiben, nutzte den Kündigungsschutz und kassierte weiter Lohn.
Während seiner offiziellen Krankschreibung kurierte der ehemalige Angestellte jedoch seine Krankheit nicht aus. Stattdessen führte er ein dicht gedrängtes Programm: Ferien in Südafrika, wilde Geburtstagspartys, nächtliche Eskapaden an der Zürcher Langstrasse – begleitet von Alkohol und Drogen. All das soll er auf Social Media geteilt haben.
So schildert Michel Péclard die ganze Situation in einem emotionalen Instagram-Post. In diesem lässt er seiner Wut freien Lauf.
Gesetz schützt Krankschreiber
Die Eskapaden seines Mitarbeiters liess sich der Star-Gastronom aber nicht gefallen – und zog vor Gericht. Doch: Dort verlor er haushoch in allen Anklagepunkten.
In seinem Instagram-Post schreibt er: «Der Richter war top und wir verstehen, warum er so entscheiden musste.» Er betont, dass der Richter nur seine Pflicht erfülle, das Gesetz korrekt anzuwenden. Und das Gesetz eben jene schütze, die sich krankschreiben lassen.
Rechtlich ist die Lage überraschend klar: Man darf während einer Krankschreibung verreisen oder sogar an öffentlichen Feiern teilnehmen.
Thomas Geiser, renommierter Arbeitsrechtler und Professor an der Universität St. Gallen, stellt unmissverständlich klar: «Eine Person ist arbeitsunfähig, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen die konkrete Arbeit gemäss Arbeitsvertrag nicht leisten kann.» Bei einem Sänger beispielsweise sei dies gegeben, wenn dieser heiser sei. Auch Ansteckungsgefahr sei im Kontakt mit Menschen ein wichtiges Kriterium.
Trotz Krankheit in Feierlaune? Kein Problem
Er fügt aber hinzu: «Die gesundheitliche Beeinträchtigung, welche die Arbeitsleistung unmöglich macht, braucht einem öffentlichen Feiern nicht entgegenzustehen.» Reisen oder Feiern sei rechtlich «ohne weiteres» erlaubt.
Doch genau hier liegt die Grauzone: Was ist förderlich, was schadet? «Was jemand mit einer bestimmten Krankheit sinnvollerweise tun kann und was er unterlassen muss, sind letztlich medizinische Fragen, bei denen sich ein Laie schnell täuschen kann», warnt Geiser. Ein klassisches Beispiel: Rückenschmerzen. Statt Bettruhe sei hier Bewegung manchmal sogar angezeigt.

Um Unsicherheiten zu klären, könne ein Arbeitgeber den Gang zu einem Vertrauensarzt verlangen.
«Plötzlich gar nicht mehr so krank»
Auch Gastronom Péclard setzt grundsätzlich auf den Vertrauensarzt, wie er gegenüber Nau.ch erklärt: «Oft verlangen wir die Konsultation bei unserem Vertrauensarzt. Und siehe da: Die Betroffenen sind plötzlich gar nicht mehr so krank.»
Ein öffentliches Zur-Schau-Stellen, wie es der ehemalige Mitarbeiter von Péclard tat, komme tatsächlich vor, erzählt der Star-Gastronom: «In dieser krassen Art wurden wir aber noch selten vorgeführt. Wie hier auf sozialen Medien offensichtlich herausposaunt wird, dass man alles andere als krank ist, ist jenseits von Gut und Böse. Das Signal ist bedenklich.»

Ein ärztliches Zeugnis scheine oft wie eine Art Carte Blanche für endlose, bezahlte Ferien zu sein.
Péclards Fazit: «Krankschreiben ist zum Volkssport geworden. Die Politik schaut diesem tatenlosen Treiben zu. Die Rechnung bezahlen wir alle, die sich korrekt verhalten. Wie immer.»
Entscheidend sei die Art von Erkrankung
Auch Klaus Stadtmüller, Co-Präsident der «Schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin», bestätigt Geisers Einschätzung: Entscheidend sei die Art der Erkrankung – und vor allem der Kontext. «Wenn man wegen eines Konfliktes am Arbeitsplatz eine depressive Entwicklung genommen hat, so sind Feiern und Reisen sicher eher Aktivitäten, die der Genesung zugutekommen.»
Stadtmüller betont zudem, dass es aus arbeitsmedizinischer Sicht nur selten zu echten Missverständnissen oder gar Missbrauch komme. Die grössten Herausforderungen sieht er bei einem anderen Punkt: «Problematisch sind vor allem langdauernde Arbeitsunfähigkeiten, vor allem wenn sie aus psychischen Gründen bestehen und die Wiedereingliederung im Betrieb nach langer Absenz.»
Péclard wendet sich an Politiker
Mit Nachdruck richtet sich Péclard nun direkt an die Politik: «Liebe Politikerinnen und Politiker. Bitte schiebt diesem Treiben endlich den Riegel!»

Gesetze müsse die Politik ändern, oder ändern wollen: «Was längst fällig wäre. Aber nichts geschieht. Weil alle Beteiligten im Gesundheitsapparat davon profitieren.»
Seine Angestellten würden ab 2026 mehr Taggeld zahlen müssen, gerade wegen ihren krankgeschriebenen Kollegen. Mit Nachdruck appelliert er auf den sozialen Medien: «Bitte versucht, neue Wege zu gehen und Lösungen zu finden, die halt härter, aber ehrlicher sind.»