SRF: Moderatoren wehren sich gegen Links-Einordnung
Journalisten von SRF seien links, das höre er immer wieder, sagt SRF-Moderator Andi Lüscher und beteuert, es werde ausgewogen berichtet. Stimmt das?

Das Wichtigste in Kürze
- Die Mehrheit der Schweizer Journalisten stuft sich politisch links der Mitte ein.
- SRF-Journalisten müssen sich oft anhören, sie würden «zu links» berichten.
- Das sei «eine Schimäre» sagt SRF-Wirtschaftsjournalist Reto Lipp.
- Journalismus-Professor Vinzenz Wyss ordnet ein.
Spricht man über Journalistinnen und Journalisten, steht schnell der Vorwurf im Raum, diese seien eher links eingestellt.
SRF-Wirtschaftsjournalist und Moderator Andi Lüscher ist kürzlich an einem Anlass mit Wirtschaftsvertretern aus dem Raum Basel darauf angesprochen worden. SRF-Journalisten seien links. Das habe eine Studie eindeutig gezeigt, heisst es von Seiten der Wirtschaftsleute.
«Das höre ich in persönlichen Gesprächen immer wieder», schreibt Lüscher auf dem Berufsnetzwerk LinkedIn. Und weiter: «Mag sein (durchschnittlich betrachtet).» Es herrsche diesbezüglich ein generelles Ungleichgewicht in der Schweizer Medienlandschaft.
Man könne lange darüber diskutieren, weshalb das so sei, so der «Eco Talk»-Moderator. Wichtig sei ihm aber zu betonen, «dass wir immer versuchen, uns von unseren politischen Einstellungen zu lösen und ausgewogen zu berichten.»
Das würden auch die publizistischen Leitlinien von SRF vorschreiben. Und er bilanziert: «Meist gelingt es uns sehr gut.»
Lüschers Arbeitskollege Reto Lipp sagt es noch klarer: «Der angebliche 'Links-Trend' ist eine Chimäre. Vor allem verbreitet von Leuten, die glauben, dass eine kritische Frage ganz grundsätzlich mit links gleichzusetzen ist.»

Das sei natürlich totaler Unsinn, schreibt Lipp in den Kommentaren zum LinkedIn-Post.
Er verweist wie Lüscher auf eine Studie der Universität Zürich aus dem Jahr 2023, welche SRF eine «politisch neutrale Positionierung um den Nullwert» attestiert.
76 Prozent links eingestellt
Medienwissenschaftler Vinzenz Wyss von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften hat vor einem Jahr ebenfalls eine Studie zu dieser Thematik veröffentlicht. Er hat 1179 Journalisten in der Schweiz gefragt, «wer sie sind, wie sie arbeiten und was sie plagt.»
Sein Fazit: Der Vorwurf, Schweizer Journalisten seien links eingestellt, hat sich dabei bestätigt.
Denn in der Studie stuften sich 76 Prozent der Teilnehmer als links ein – unabhängig davon, ob sie bei privaten oder öffentlichen Medien arbeiten.
Erklärungen für die persönliche Positionierung der Medienschaffenden gebe es in der Wissenschaft viele Plausible, so Wyss zu Nau.ch.
«Die akademische Sozialisation mehrheitlich in Geistes- oder Sozialwissenschaften ist ein Grund, auch der Zusammenhang des beruflichen Rollenselbstverständnisses mit einer Links-Orientierung ist eine Erklärung und beispielsweise auch die prekären Arbeitsbedingungen.»
Dies treffe sowohl für Medienschaffende bei den Privaten, als auch bei der SRG zu, führt der Studienautor aus. «Es gibt im schweizweiten Vergleich keinen statistisch signifikanten Unterschied.»

Aber – so warnt Vinzenz Wyss – «es ist nicht zulässig, von der politischen Selbsteinschätzung auf die politische Ausrichtung der Berichterstattung zu schliessen.»
Ein linker Journalist sei durchaus in der Lage, eine linke Politikerin genauso kritisch zu interviewen wie einen rechten Politiker.
Doch es gibt gemäss Wyss auch keine Studie zur Frage, inwiefern sich die politische Orientierung der einzelnen Medienschaffenden auf die Berichterstattung auswirkt. Das sei misslich. «Auf keinen Fall ist es zulässig, ausschliesslich von der politischen Orientierung der einzelnen Journalistin auf das redaktionelle Produkt zu schliessen.»
SRF sensibilisiert – auch wegen Halbierungsinitiative
Klar sei aber, dass die Themenauswahl und das Framing, also die Art und Weise, wie eine Geschichte inszeniert und erzählt wird, stärker von organisationalen Faktoren bestimmt werde. Also etwa von der Linie der Redaktion oder des Medienhauses.
Gerade bei SRF wisse er aus eigenen Beobachtungen, dass man diesbezüglich sehr sensibilisiert sei. Und den publizistischen Leitlinien starke Beachtung schenke. «Sicher nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Halbierungsinitiative», weiss Wyss.
Die journalistische kritische Distanz bei einem Service Public Medium sei deshalb so wichtig, weil davon letztlich auch die Glaubwürdigkeit abhänge.
Welche Partei Andi Lüscher und Reto Lipp denn konkret wählen, gibt SRF auf Anfrage nicht preis. Deren politische Meinungen seien Privatsache, schreibt Mediensprecher Roger Muntwyler auf Anfrage.
Er erklärt: «Wie alle Bürgerinnen und Bürger haben auch SRF-Journalistinnen und -Journalisten eine eigene politische Meinung. Bei der täglichen Arbeit spielt diese aber keine Rolle, denn unsere Mitarbeitende berichten gemäss den publizistischen Leitlinien unabhängig, sachgerecht und vielfältig.»
















