So stehen die Chancen auf Schweiz-Asyl für den Gaddafi-Sohn
Der Sohn von Muammar al-Gaddafi bittet einem Bericht zufolge in der Schweiz um Asyl. Ein Migrationsexperte äussert sich zu den Chancen und möglichen Gründen.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Sohn des langjährigen lybischen Machthabers Muammar Gaddafi will Asyl in der Schweiz.
- Hannibal Gaddafi sitzt zurzeit in einem Gefängnis im Libanon.
- Migrationsexperte Benjamin Schraven ordnet den potenziellen Asylantrag Gaddafis ein.
2008 sorgte der Fall Hannibal Gaddafi in der Schweiz für Aufsehen. Der Sohn des damaligen Diktators Muammar Gaddafi wurde in Genf festgenommen. In der Folge kam es zu Streitigkeiten zwischen Libyen und der Schweiz.

Gemäss einem Bericht will Hannibal Gaddafi nun aber Asyl – ausgerechnet in der Schweiz. Der 49-Jährige sitzt derzeit in einem libanesischen Gefängnis.
Wie ist dieser mögliche Asylantrag Gaddafis einzuordnen?
Auch Gaddafi-Angehörige haben Menschenrechte
Migrationsexperte Benjamin Schraven sagt gegenüber Nau.ch zunächst: «In Anbetracht des Schreckens, der mit dem Namen Gaddafi verbunden ist, erscheint das für viele wohl erst einmal wie blanker Hohn.»
Allerdings betont Schraven, dass auch ein Gaddafi-Familienmitglied das Recht auf eine rechtsstaatliche und menschenrechtliche Behandlung habe.
«Die Umstände und vor allem die Dauer der Inhaftierung Hannibal Gaddafis erscheinen eher weniger rechtsstaatskonform», so der Experte. Auch Organisationen wie Human Rights Watch würden dies beklagen.
Ob das aber ausreicht, um einen positiven Asylentscheid zu rechtfertigen, kann Schraven nicht sagen.
Asylantrag in der Schweiz wäre «kurios», aber ist erklärbar
Er schätzt die tatsächlichen Chancen Gaddafis auf Asyl in der Schweiz ohnehin gering ein. «Um in der Schweiz Asyl zu beantragen, bräuchte er ja erstmal ein humanitäres Visum. Ob alle Voraussetzungen dafür im Falle Hannibal Gaddafis gegeben wären, darf wohl bezweifelt werden.» Gleiches gelte nebst der Schweiz für andere Länder.

Dass Gaddafi ausgerechnet in der Schweiz Asyl beantragt, sei mit Blick auf die Vorgeschichte in jedem Fall «kurios». Laut Schraven könnte man spekulieren, dass er sein Luxusleben in der Schweiz vermisse und eine sentimentale Verbundenheit verspüre. Das ist aber, wie gesagt, reine Spekulation.
Rein nüchtern betrachtet bietet die Schweiz aber tatsächlich einige Vorteile. «Eine enorme Wirtschaftskraft und einen hohen Lebensstandard» gepaart mit «sehr hohen rechtlichen Standards» seien attraktiv.
«Das mag bei den Überlegungen des Herrn Gaddafi wohl auch eine Rolle gespielt haben», hält Schraven fest.
Möglichkeiten für Hannibal Gaddafi begrenzt
Die rechtlichen Möglichkeiten, die Gaddafi noch hat, sind indes beschränkt. Sollten die Optionen im libanesischen Recht ausgeschöpft sein, bleibe der internationale Weg. Gaddafi könnte sich an entsprechende UN-Menschenrechtsgremien wenden, um eine Freilassung zu bewirken.

Dazu kommen mögliche Initiativen einzelner Länder. Beispielsweise, wenn sich Russland als ehemaliger Verbündeter seines Vaters für ihn einsetzen würde. Allerdings seien solche Engagements fraglich.
Schraven sagt: «Immerhin sitzt Hannibal Gaddafi schon seit langen Jahren in libanesischer Haft – ohne dass in dieser Hinsicht etwas passiert wäre.»