Die Abwehr der Schweiz weist Sicherheitslücken auf. Das Land ist nicht ausreichend vor Raketen und Drohnen geschützt. Experten drängen auf Veränderungen.
Sicherheitslücken
Das Flugabwehrraketensystem vom Typ «Patriot» spielt derzeit eine wichtige Rolle in der Ukraine. Und könnte auch die Schweiz umfänglicher schützen. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweizer Armee ist für Angriffe aus der Luft nicht ausreichend ausgerüstet.
  • Ballistische Lenkwaffen, Marschflugkörper oder Drohnen könnten alle Probleme darstellen.
  • Dies bestätigt auch der Bundesrat.
  • Allerdings sind Verbesserungen erst in ein paar Jahren in Sicht.
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Die Schweiz ist vor Luftangriffen nicht ausreichend geschützt. Es bestehen einige Sicherheitslücken. Das zeigt der Konflikt zwischen Israel und dem Iran. Eine Verbesserung der Situation ist fürs Erste allerdings nicht in Sicht.

«Einem massiven Angriff mit Drohnen, Marschflugkörpern und Kampfflugzeugen könnten wir nicht lange widerstehen», warnt Albert Stahel gegenüber «Sonntagszeitung». Der Professor für Militärstrategien der Universität Zürich weiss nämlich, was der Schweizer Armee zur Verfügung steht. 30 Kampfjets des Typs F/A-18 für die Luftverteidigung sowie 27 Feuereinheiten für die mittlere Flugabwehr. Und 96 sogenannte Stinger-Einheiten.

Rakete über Gaza
Wie der Konflikt im Nahen Osten aufweist, ist die Schweiz ungenügend vor Raketen geschützt. (Symbolbild: Rakete über Gaza)
Drohnenangriff
Abwehrmöglichkeiten sind enorm wichtig. Auch vor Drohnen. (Symbolbild)
Luftverteidigungssystem Patriot
Laut Experten soll das Luftverteidigungssystem Patriot helfen. Es wird aber hierzuland erst 2026 eingeführt.
F-35
2028 sollen dann F-35-Kampfjets folgen.
Schweizer Armee
Wichtig ist allerdings auch, dass die Schweizer Armee mit anderer Ländern kooperiert.

Letztere sind Boden-Luft-Raketen. Sie können von einer Person abgefeuert werden. Und werden aktuell erfolgreich in der Ukraine eingesetzt. Vor allem dank ihren Sensoren zur Luftraumüberwachung.

Aber: «Unsere Luftverteidigung ist ungenügend ausgerüstet», sagt Stahel weiter. Der Iran feuerte neuerdings über 350 Drohnen sowie Raketen und Marschflugkörper auf Israel ab. Dennoch konnte das Land 99 Prozent der Angriffe abwehren. Die Schweiz wäre in einer solchen Situation in grosse Schwierigkeiten gekommen – dank der Sicherheitslücken.

Was noch allem kommt, weiss niemand

Auch Josef Dittli, FDP-Ständerat und ehemaliger Berufsoffizier, sieht die Situation kritisch: «Im Moment haben wir ein Problem. Kriegerische Konflikte wie in der Ukraine oder im Nahen Osten können eskalieren und plötzlich auch die Schweiz betreffen. Niemand weiss, was da noch alles kommt».

Dies setzt das Land einer Reihe potenzieller Probleme aus – und das auf absehbare Zeit. Denn erst 2028 treffen in der Schweiz die ersten F-35-Kampfjets ein. Zwar soll 2026 das Luftverteidigungssystem Patriot eingeführt werden. Aber die Einheiten werden nur etwa 15'000 von insgesamt 41'000 Quadratkilometern schützen können.

Trotzdem ist die Beschaffung der Patriot-Einheiten «der erste Schritt in die richtige Richtung einer umfassenden Fliegerabwehr», sagt Stahel.

Sicherheitslücken müssen gestopft werden

Weiter braucht die Schweiz Systeme wie die Skyranger-Kanonen von Rheinmetall. Und, sagt Dittli, Mitgliedschaft in der European Sky Schild. Ohne Kooperation mit anderen Ländern ginge es nämlich nicht.

Schliesslich stufte der Bundesrat einen Angriff auf die Schweiz in einem Bericht vom Februar als «eher wahrscheinlich» ein. Spezifisch durch ballistische Lenkwaffen, Marschflugkörper oder Drohnen. Ein umfassender militärischer Angriff gilt weiterhin als «unwahrscheinlich». Aber die Situation im Nahen Osten zeigt, dass Staaten dort «in der Lage und willens sind, ihre Waffensystem einzusetzen».

Bereitet Ihnen die Eskalation im Nahen Osten Sorgen?

SP-Ständerätin Franziska Roth will eine strategische Ausrichtung der Armee auf militärische Bedrohungen aus der Distanz. «Dies ist das gefährlichste Szenario», sagt sie. «Es ist viel wahrscheinlicher, als dass russische Panzer im Rheintal oder in Chiasso auftauchen». Die Politikerin hat mit ihrer Forderung im März allerdings unterlegen.

Die Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats will auch auf einen umfassenden militärischen Angriff fokussieren. Wodurch die Sicherheitslücken des Landes wohl noch eine Weile bestehen bleiben werden.

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