Verzweifelte Schweizerinnen suchen im Internet Medikamente für eine Abtreibung. Das ist allerdings illegal – und kann für die Frauen gefährlich sein.
Abtreibung Schwangerschaft
Schwangerschaftsabbrüche sind immer noch umstritten – entsprechend suchen viele Frauen anonym Hilfe im Netz. (Symbolbild) - AFP

Das Wichtigste in Kürze

  • In den sozialen Medien kann man auch Abtreibungspillen bestellen.
  • Dabei droht jedoch Ungemach – aus rechtlicher und aus gesundheitlicher Sicht.
  • Das Problem: Der dubiose Onlinekauf verläuft oft sehr schnell und einfach.
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Die Abtreibung ist in Teilen der Gesellschaft immer noch ein Tabuthema. Der Gang zu einem Arzt kann für Schwangere, die abtreiben wollen, schwierig sein. Eine Lösung scheint die anonymisierte Hilfe im Internet zu sein – doch Experten warnen.

Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, ist es einfach, auf Tiktok zu entsprechenden Medikamenten zu kommen. Es reicht, den richtigen Accounts zu folgen, und schon erhält man Angebote.

Abtreibung
Die Abtreibung ist gerade in konservativen Kreisen nicht gerne gesehen.
Schwangerschaft
Schwangere Frauen verzichten beispielsweise aus Angst auf eine offizielle ärztliche Behandlung.
Tiktok
Eine (trügerische) Möglichkeit: soziale Netzwerke wie Tiktok.

Man bekomme Chatnachrichten wie «Brauchst du Medikamente?», «In welchem Monat bist du?» oder «Wir liefern international!».

Das Versprechen: Produkte wie «Killpreg» oder «Antipreg» sollen helfen. Jedoch ist deren Einnahme ohne medizinische Betreuung mit Risiken verbunden.

Nach eigenen Angaben hätten viele Accounts auch bereits in die Schweiz geliefert. Gemäss Bericht liesse sich dies jedoch nicht überprüfen.

Lehrer bestellt Medis für Frau ohne Papiere

Seit 2019 hat das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit neun solche Sendungen sichergestellt. Diese Fälle seien dann an Swissmedic weitergeleitet worden.

Ein solcher Fall betrifft eine junge Frau, der ein Arzt gesagt hat, sie soll ihren Abtreibungsentscheid nochmals überdenken. Sie sei auf Tiktok unterwegs gewesen und habe schliesslich eine Seite entdeckt, die weltweit liefert. Allerdings habe sie die Sendung dann nicht gebraucht und ihre Schwangerschaft dennoch im Spital abgebrochen, heisst es.

Sollten die Abtreibungsregeln in der Schweiz gelockert werden?

Ein anderer Fall betrifft einen Schweizer Mittelschullehrer. Er habe die Medikamente für eine Bekannte, die ohne Papiere in der Schweiz ist, bestellt, sagte er. Der Zoll hat allerdings 16 der 17 aus Indien bestellten Packungen abgefangen. Der Lehrer wurde zu einer Geldzahlung von 3900 Franken verurteilt.

Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» erklärt er, er habe der Sans-Papiers helfen wollen. Die Frau hatte demnach Angst, bei einer Behandlung durch einen Arzt aufzufliegen. Dass eine eigenständige Behandlung gefährlich sein könnte, war ihm nicht bewusst. Er hält fest: «Ich habe naiv gehandelt und werde das nie wieder tun.»

Abtreibung zu Hause kann gefährlich sein, muss aber nicht

Eine Abtreibung ohne Arzt sei nicht zwingend gefährlich, sagt Saira-Christine Renteria, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe: «Es kann aber auch sehr schmerzhaft sein, mit einem hohen Blutverlust.» Zudem könne es zu einem Blasensprung kommen, was im schlimmsten Fall tödlich sein kann.

Weiter gebe es auch das Risiko, dass die Pillen schlicht nicht halten, was sie versprechen. Also dass sie gar nicht wirken, wie sie sollen. Renteria sagt: «Dann müssen wir den Abort in der Klinik abschliessen.»

schwangerschaftsabbruch
Der Bauch einer schwangeren Frau. (Symbolbild) - dpa

Es gibt jedoch auch einen von der Weltgesundheitsorganisation anerkannten Anbieter einer Internet-Abtreibung. Und zwar handelt es sich um die kanadische Organisation «Women on Web». Sie stellt sicher, dass die Schwangeren beraten werden und gute Medikamente erhalten.

Auch zahlreiche Schweizerinnen meldeten sich schon bei «Women on Web». Seit 2020 waren es 313 Frauen.

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