Der Euro hat seit dem Ukraine-Krieg gegenüber dem Franken deutlich an Wert verloren. Doch Inflation verhindert den Schweizer Einkaufstourismus in Deutschland.
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Die Inflation ist in der Euro-Zone weiter hoch. - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Trotz schwachem Franken bleibt der Shopping-Ansturm auf deutsche Grenzgebiete aus.
  • Grund dafür sind die Inflation und hohe Sprit-Preise.

Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine hat der Euro gegenüber dem Schweizer Franken deutlich an Wert verloren. Für hiesige Konsumenten hiesse das eigentlich, dass sie in den Euroländern günstig einkaufen könnten. Doch ein Ansturm von Schweizern im deutschen Grenzgebiet bleibt aus. Gründe dafür sind die hohe Inflation, die teuren Spritpreise, aber auch bürokratische Hürden.

Ende September erreichte der Euro mit 0,9405 Franken ein neues Rekordtief zum Franken. Aktuell kostet die Gemeinschaftswährung mit 97 Rappen zwar wieder mehr, hält sich aber hartnäckig unter der Grenze von 1,00 Franken. Schweizer Schnäppchenjäger, die gerne im günstigen Nachbarn Deutschland einkaufen, bekommen darum seit einigen Monaten mehr für ihr Geld als noch vor einem Jahr.

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Inflation bezeichnet eine allgemeine und anhaltende Erhöhung des Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen. Gleichzeitig sinkt die Kaufkraft des Geldes. - Keystone

Dennoch verzeichnen die deutschen Grenzbehörden seit dem Frühling keine Welle von Schweizer Einkaufstouristen. Die Deutschen Zollämter in Lörrach und Singen zumindest beobachten keinen Anstieg, wie eine Sprecherin auf Anfrage von AWP sagte.

Feststellen können sie das anhand der abgefertigten Ausfuhrscheine, die die Schweizer für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer ausfüllen müssen. Genaue Zahlen geben die Zollämter unter dem Jahr allerdings nicht bekannt.

Die von Monitoring Consumption Switzerland zur Verfügung gestellten Debitkartendaten erhärten das Bild. «Trotz des starken Frankens gibt es keine Hinweise, dass der Einkaufstourismus in die Höhe geschnellt wäre», sagt die CS-Ökonomin Meret Mügeli, die die Daten für ihre Prognosen zum Detailhandel nutzt.

Umsätze von Schweizer Einkaufstouristen tiefer als Vor-Corona

Unter Ausklammerung der Tankstellen lagen die Detailhandelsumsätze von Schweizern, die in Deutschland einkauften, von Februar bis September 0,6 Prozent tiefer als in derselben Zeitspanne 2019, als der Grenzverkehr noch ohne Einschränkungen möglich war.

Die Zahlen von Monitoring Consumption weisen allerdings nur Debit- und keine Kreditkarten- oder Barzahlungen aus. Ausserdem beziehen sie sich nicht nur auf die Debitkarten-Ausgaben von Schweizern nahe der Grenze, sondern in ganz Deutschland. Zahlungen von Schweizern, die ihre Ferien in Deutschland verbringen, sind also ebenfalls in der Statistik erfasst.

Mügeli sieht mehrere Gründe, warum es trotz des hohen Frankens keinen Grenz-Shopping-Boom gibt. «Die Inflation ist im Ausland viel höher als in der Schweiz, gerade im Lebensmittelbereich», sagt sie. Konkret verteuern sich die Lebensmittel im Ausland stärker als hierzulande - und damit werden sie weniger attraktiv für die Shopping-Touristen aus der Schweiz.

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Menschen beim Einkaufen in der Innenstadt von Konstanz. - Keystone

Ein Blick in die Detaillierten Zahlen von Monitoring Switzerland unterstreicht diese Theorie: Denn die Daten zeigten, dass die Umsätze vor allem bei Lebensmitteln stärker unter dem Vor-Corona-Niveau liegen als bei anderen Gütern.

Rein rechnerisch würde sich der Kauf im Ausland trotzdem lohnen, denn gemäss der Ökonomin wurde der wechselkursbedingte Kaufkraftgewinn nicht vollständig durch die höhere Inflation im Ausland zunichte gemacht. Aber der Preis der Waren ist eben nicht das Einzige, das die Einkaufstouristen berücksichtigen: «Ein weiterer Faktor ist der Treibstoffpreis, der für Schweizer den Weg ins Ausland verteuert», so Mügeli.

Dazu kommt der durch die Pandemie hervorgerufene Strukturwandel im Detailhandel: «Es ist denkbar, dass die Konsumenten Schnelllieferdienste und Onlineshopping komfortabel finden und zumindest teilweise weiter nutzen», sagt Mügeli. Heisst: Manche Schweizer Konsumenten haben sich an das bequeme Bestellen im Internet gewöhnt und bleiben lieber zuhause, anstatt sich in vollgestopfte Läden zu begeben.

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