Schweizer Freikirchen boomen – vor allem bei Jungen
Party-Gottesdienste, offensive Werbung, hohes Gemeinschaftsgefühl: Die Jungen strömen hierzulande in die Freikirchen.

Das Wichtigste in Kürze
- Freikirchen werden in der Schweiz immer beliebter – vor allem bei der jungen Generation.
- Die Gründe sind vielfältig – die Corona-Pandemie ist jedoch zentral.
- Partyartige Gottesdienste, Gemeinschaftsgefühle und Social Media seien das Erfolgsrezept.
Während die katholische Kirche zunehmend in der Kritik steht, erleben die Freikirchen hierzulande einen regelrechten Aufschwung. Jugendliche und junge Erwachsene scheinen nämlich nicht genug von ihnen zu kriegen.
Bestes Beispiel ist die evangelische Freikirchen-Gemeinde von Christen in Frauenfeld TG. Rund 220 Erwachsene sowie 80 Kinder und Jugendliche begrüsst die Gemeinde jeden Sonntag, wie das «St. Galler Tagblatt» (Bezahlartikel) berichtet.
Nathanael Steinemann, Pastor der Freikirche, erzählt gegenüber der Zeitung von einem steten Zuwachs der Teilnehmenden: «Die Besucherzahlen sind im letzten Jahr um zehn Prozent gestiegen.»
Eine Umfrage unter Ostschweizer Freikirchen zeigt: Immer mehr Menschen, insbesondere junge Leute, nehmen an freikirchlichen Gottesdiensten teil. Dieser Boom zeigt sich unter anderem bei Angeboten speziell für Jugendliche und junge Erwachsene.
Offensives Anwerben
Schon im Juli dieses Jahres berichtete Nau.ch von der Freikirche Mustard Seed Chapel International, die ebenfalls einen grossen Zuwachs erlebt. Jedoch gleichzeitig Schlagzeilen macht, weil sie Jugendliche offensiv anwirbt.
Die Meldungen besorgter Personen bei der Beratungsstelle Relinfo schossen, wie die Mitgliederanzahl der genannten Freikirche, in die Höhe.

Georg Schmid, Leiter der Beratungsstelle für Religion und Sekten, erklärte damals, wie die Freikirche erfolgreich wirbt: Partyartige Gottesdienste mit moderner Musik, ein hohes Gemeinschaftsgefühl und Werbung von Mitgliedern in den sozialen Medien.
Doch auch auf den Strassen oder gar vor den Türen anderer Kirchen würden teils sehr junge Jugendliche angesprochen. So hätten sich Eltern von 12-Jährigen bei Relinfo gemeldet.
«Vor allem junge Männer»
Peter Schneeberger, Präsident des Dachverbands Freikirchen Schweiz, sagt auf Anfrage des «St. Galler Tagblatt»: «Besonders Freikirchen mit einem klaren Fokus auf Jugendarbeit erleben wachsenden Zulauf, vor allem von jungen Männern», sagt Schneeberger.
Beispiele für jugendkulturelle Freikirchen seien die International Christian Fellowship (ICF) oder die Bless-Bewegung.
Arnd Bünker, Theologe und Leiter des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts sagt gegenüber der Zeitung: Es gebe Hinweise, dass Jugendliche und junge Erwachsene verstärkt «auf der Suche nach spirituellem Rückhalt» seien. Und die Spiritualität stark mit Identität und Zugehörigkeit verbinden.
Prägende Pandemie-Zeit
Die Gründe sind laut dem Experten vielfältig. Unter anderem spiele die pandemiebedingte Isolation eine Rolle. Ebenfalls zentral: Die zunehmende Online-Kommunikation in dieser Zeit.
Gerade junge Freikirchen wie die ICF, die sich deutlich von den klassischen Kirchen abheben, hätten laut Bünker ihre Nische entdeckt: «Sie machen oft eine ausgezeichnete Medienarbeit, ihre Inhalte sind visuell und medial gut darstellbar und für junge Erwachsene hochattraktiv.»












