Samichlaus lobt, wenn Kinder beten können

Elena Hatebur
Elena Hatebur

Fricktal,

Die Vorweihnachtszeit beginnt bei vielen Familien mit dem Besuch des Samichlaus am 6. Dezember. Er tadelt und lobt – im Aargau sogar religiöse Eigenschaften.

Samichlaus Besuch
Der Besuch des Samichlaus ist für viele Kinder ein magisches Erlebnis in der Vorweihnachtszeit. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Für den Besuch des Samichlaus füllen Eltern im Voraus eine Liste mit Eigenschaften aus.
  • Auf der Liste einer Chlaus-Gesellschaft aus Kaiseraugst AG wird «kann beten» aufgeführt.
  • Der Vizepräsident erklärt, dass er sich dafür stark gemacht habe.

Für viele Kinder ist die Vorweihnachtszeit eine magische Zeit: Es duftet nach Guetzli, das Zuhause wird festlich dekoriert und am 6. Dezember kommt der Samichlaus in unzählige Stuben.

Mit dem «Schmutzli» an seiner Seite lobt und tadelt er, verteilt Nüsse und Mandarinen. Was einst ein kirchliches Ritual war, ist längst zu einem Teil der Schweizer Festtagskultur geworden.

Damit der Chlaus weiss, was er sagen soll, füllen Eltern im Voraus eine Liste aus: Was läuft gut, wo braucht’s Besserung?

Ein unkonventioneller Vorschlag findet sich auf der Liste der «Ehrengesellschaft Sankt Nikolaus» aus Kaiseraugst AG. «Kann beten» wird dort als positive Eigenschaft aufgeführt. Wie bitte?

«Habe mich damals dafür starkgemacht»

Auf Anfrage von Nau.ch erklärt Vizepräsident Adrian Meier, wie es dazu kam: «Bei der Gründung unserer Gesellschaft 1993 waren viele Vereinsmitglieder im römisch-katholischen Kirchenchor.»

Bis heute dürfe man die Räumlichkeiten der Kirche gratis nutzen. «Die Eigenschaft ‹kann beten› als positiv aufzuführen, wurde aber immer wieder hinterfragt», sagt Meier. Zuletzt habe man es im Vorstand vor zwei, drei Jahren diskutiert.

Meier: «Ich habe mich damals dafür starkgemacht, dass der Punkt auf dem Formular bleibt.» Grund dafür sei ein persönliches Ereignis.

Liste Samichlaus
«Kann beten» wird für diesen Chlaus-Besuch als positive Eigenschaft gewertet. - zVg

«Ich war bei einer Familie zuhause, die es nicht so gut hatte. Für das Kind war es wichtig, einen Gott zu haben, zu dem es sprechen oder eben beten kann», erklärt Meier. Das sei für ihn sehr eindrücklich gewesen. «Der Punkt auf der Liste hat ermöglicht, dass dieses Gespräch überhaupt zustande kam.»

Ob die Eigenschaft auch in Zukunft noch auf der Liste stehe, sei dahingestellt. «Ich kann mir gut vorstellen, dass das in den nächsten Jahren nochmals hinterfragt wird», sagt Meier.

Und, können die Kinder überhaupt noch beten?

Bei den vielen Familien, denen man jährlich einen Besuch abstatte, würde der Punkt etwa ein- bis zweimal angekreuzt. Bei den Besuchen des Samichlaus spiele die Religion keine Rolle. «Unsere Gesellschaft ist politisch neutral und konfessionslos», stellt Meier klar.

Beten als positive Eigenschaft ist «sehr problematisch»

Solche Formulare werden rege genutzt, bestätigt Thomas Hinder von den «Samichläusen Bruder Klaus» aus Basel.

Bei dieser Organisation befinden sich jedoch keinerlei religiöse Punkte auf dem Formular. «Wir besuchen jedes Kind, jede Familie – unabhängig von der Konfession. Sei dies atheistisch, agnostizistisch, katholisch, evangelisch, buddhistisch, muslimisch und so weiter», erklärt Hinder gegenüber Nau.ch.

«Beten» als positive Eigenschaft aufzuführen, erachte er als «sehr problematisch». Hinder findet: «Für mich ist die Figur des Samichlaus ein Menschenfreund, der sein Herz für alle Kinder und Menschen öffnet.»

Das sei in jedem Fall möglich – auch ohne an einen Gott zu glauben oder zu beten. Die Figur des heiligen Nikolaus könnte zwar ein kirchlicher Mensch gewesen sein. Aber: «Die Stärke der Erzählung liegt aus meiner Sicht im positiven Vorbild, Menschen in der Not zu helfen.»

Katholische Gruppen haben manchmal «etwas Mühe»

In Zürich läuft es ähnlich. Karin Diefenbacher, Präsidentin der Stadtzürcher St. Nikolaus Gesellschaft, sagt auf Anfrage von Nau.ch: «Wir arbeiten mit einer ‹Gwunderliste›.»

Anders als in Kaiseraugst spielen religiöse Punkte dort keine Rolle. «Wir werden jedes Jahr von Anfragen überflutet. Dagegen, so scheint es, haben katholische Chlaus-Gruppen manchmal etwas Mühe, Bestellungen zu erhalten», beobachtet die Präsidentin.

Sie können sich vorstellen, dass die Aufnahme religiöser Eigenschaften ihren Teil dazu beitrage.

Manchmal, wenn die eigenen Samichläuse bereits ausgebucht sind, empfehle sie den Bestellern andere Gesellschaften. «Und manchmal heisst es dann, dass man niemanden von der Kirche möchte.»

«Kann beten» als positive Eigenschaft auf einer Samichlaus-Liste – findest du das gut?

Bei der «Gwunderliste» achte man besonders darauf, dass der Besuch des Samichlaus keine erzieherische Massnahme darstelle. «Wir möchten positive Eigenschaften hervorheben», erklärt die Präsidentin. «Es gibt extra eine Spalte für Dinge, die explizit nicht erwähnt werden sollten.»

In Kindergärten und Kitas soll niemand blossgestellt werden

In Kindergärten und Kitas verzichtet man auf eine solche Liste. Meist nehmen die Betreuenden im Voraus Kontakt mit dem Samichlaus auf. Manchmal lobt der Samichlaus die gesamte Gruppe: «Zum Beispiel, dass die Kinder sehr gut aufräumen.»

«Es gibt viele fremdsprachige Kinder, die den Samichlaus zum ersten Mal sehen», erklärt Diefenbacher. Deshalb wolle man den Besuch rundum positiv gestalten. «Es wird nie jemand blossgestellt.»

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Kommentare

User #2802 (nicht angemeldet)

SP und Grüne glauben eben nur an den Sozialismus

User #4347 (nicht angemeldet)

Die meisten wissen gar nicht, wofür St. Nikolaus steht, sein Leben, seine Werke. Für viele ist beten wichtig, v.a. für Kinder kann es gut sein.

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