Roger Köppel: Studis freuen sich auf seine Campus-Tour
Nach Charlie Kirks Mord plant Roger Köppel eine Campus-Tour durch die Schweiz. Schweizer Studis freuen sich auf die Debatte. Eine Expertin bleibt skeptisch.

Das Wichtigste in Kürze
- Charlie Kirk, inzwischen getötet, debattierte regelmässig mit US-Studierenden.
- Nun wittert Roger Köppel die Gunst der Stunde und will hierzulande auf Campus-Tour.
- Eine Expertin sagt: Das Format lasse sich nur schwierig auf die Schweiz adaptieren.
- Schweizer Studierende stehen Roger Köppel dagegen grundsätzlich offen gegenüber.
Er tingelte von Uni zu Uni, um mit mehrheitlich linken Studierenden über Themen wie Transrechte, Abtreibung oder Waffengewalt zu diskutieren.
Vergangene Woche wurde der rechte US-Influencer Charlie Kirk (†31) bei einem solchen Auftritt im Bundesstaat Utah erschossen.
Nach dem Attentat will Roger Köppel, Chefredaktor der «Weltwoche» und ehemaliger SVP-Nationalrat, Kirks Erbe fortsetzen. Und zwar in der Schweiz.
Auf seiner Campus-Tour will Köppel die Studierenden in offenen Fragerunden «direkt herausfordern», wie er am Freitag bekanntgab.
Köppel: Es wird «vielerorts zu wenig miteinander diskutiert»
Er wolle damit die «Meinungsvielfalt und den Dialog fördern». Denn: Es würde auch in der Schweiz «vielerorts zu wenig miteinander diskutiert».
Geht es Roger Köppel hier tatsächlich um echte Debatten – oder doch eher um Aufmerksamkeit?

«Als begnadeter Rhetoriker liegt ihm der öffentliche Auftritt. Es ist wohl eine Kombination aus beidem», sagt Sarah Bütikofer, Politologin mit Schwerpunkt Schweizer Politik, zu Nau.ch.
Nur: Das US-Debattier-Format von Charlie Kirk lasse sich «eher schlecht» auf die Schweiz übertragen, so Bütikofer.
Debatten in der Schweiz «an der Tagesordnung»
Der Grund: «In unserem politischen System mit regelmässigen Abstimmungskämpfen sind Debatten, die der Meinungsbildung der Bevölkerung dienen, permanent.» Sie seien in allen Landesteilen an der Tagesordnung.
Auch sei die «affektive Polarisierung» – die emotionale Abneigung zwischen politischen Lagern – hierzulande weniger ausgeprägt als in den USA.
00:00 / 00:00
«Auf Politikunternehmer on tour hat man nicht unbedingt gewartet», meint die Expertin mit Bezug auf Roger Köppel. Die Debattenkultur sei in der Schweiz ohnehin lebendig.
«Sehr viele Personen melden sich aufgrund ihrer Funktion in der Politik, einem Verband oder Interessenorganisationen zu Wort.»
Jüngere Zielgruppen würden dabei zwar oft nicht direkt angesprochen.
Aber Köppels Vorwurf, an Schweizer Unis würde zu wenig diskutiert, weist Bütikofer dennoch klar zurück: «Dieser Vorwurf kann problemlos entkräftet werden. Meiner Meinung nach in jeder Bachelorveranstaltung.»
Universitäre Debatten seien zudem stark erkenntnisorientiert, evidenzbasiert – häufig aber nicht öffentlich zugänglich.
Nach dem Attentat auf Charlie Kirk stellt sich die Frage: Welche Gefahr geht Köppel mit seiner angekündigten Tour ein?
Roger Köppel muss mit Hass-Mails und Drohungen rechnen
«Der Mord an Charlie Kirk ist aufs Schärfste zu verurteilen», betont Bütikofer. Für sie ist klar: «Es gehört zur politischen Kultur der Schweiz, dass man sich mit Respekt und Argumenten duelliert. Und dass die Sicherheit der Teilnehmenden an politischen Veranstaltungen gewährleistet sein muss.»
Doch auch hierzulande müssten öffentliche Personen zunehmend mit Drohungen oder Hassmails rechnen.

Und abschliessend warnt die Politologin: «Veranstaltungsformate und Aktivismus, die vor allem auf Empörungsbewirtschaftung aus sind und die affektive Polarisierung vorantreiben, sind daher ganz generell kritisch zu bewerten.»
Trotz Empörungs-Vorwurf: Die Studierenden freuen sich bereits, mit Roger Köppel zu debattieren.
«Wir begrüssen es, wenn Herr Köppel den Dialog mit Studierenden sucht. Schliesslich sind Hochschulen Orte für offene Diskussionen und kritischen Austausch», sagt Julia Bogdan. Sie ist Co-Präsidentin des Schweizer Studierendenverbands VSS zu Nau.ch.
«Persönlich fände ich es spannend, eine solche Veranstaltung zu besuchen», meint sie. Entscheidend sei, dass ein respektvoller Umgang gepflegt werde.
Die Einschätzung, dass die Debattenkultur an Schweizer Hochschulen gefährdet sei, teile man zudem nicht.
«Instrumentalisierung von Charlie Kirks Tod problematisch»
Wie die Studierenden auf Roger Köppel reagieren, kann sie nicht sagen. «Es ist möglich, dass er an einzelnen Hochschulen auf mehr Kritik stossen wird als an anderen. Doch grundsätzlich ist er nirgends ‹unerwünscht›.»
Auch der Studiverband der Uni Zürich sieht Köppels Format grundsätzlich als unproblematisch an.
Ladina Bischof vom Vorstand des Verbands sagt: «Allerdings ist es problematisch, wenn der Tod von Charlie Kirk als Instrumentalisierung für eine solche Tour in der Schweiz dient.»
Die Situation in der Schweiz unterscheide sich deutlich von jener in den USA. Die Debattenkultur sei hier intakt und nicht gefährdet.
Regelmässig fänden Vorträge, Diskussionen und Veranstaltungen «zu unterschiedlichsten Themen von verschiedensten Organisationen» statt.
Sie ergänzt: «Studierende sind neugierig und kritisch.» Insofern könne ein Fragerunden-Format durchaus ansprechend sein.
«Wenn es echte Diskussionen auf Augenhöhe ermöglicht und nicht bloss als Bühne für Selbstinszenierung dient.»
«Politischen Schlagabtausch live miterleben»
Jael von Weissenfluh von der Studierendenschaft Bern findet die «Förderung der konstruktiven, empathischen Debattenkultur» sehr wichtig.
«Es ist jedoch fraglich, ob ein Format, wie es Roger Köppel vorschlägt, dazu beiträgt, eine solche Debattenkultur zu fördern.»
Zu Köppels Campus-Tour sagt er: «Es ist denkbar, dass Studierende der Universität Bern ein solches Debattier-Format spannend finden.»
Allerdings wohl weniger, um in einen konstruktiven Dialog zu treten, vermutet er. «Sondern vielmehr, um einen politischen Schlagabtausch live mitzuerleben oder sich in den eigenen Überzeugungen bestätigt zu fühlen.»
Schliesslich sei ein Streitgespräch auf Konfrontation ausgelegt und nicht auf das Erarbeiten gemeinsamer Lösungen.
Solche Formate könnten daher gesellschaftliche Gräben eher noch weiter öffnen und einen Dialog sogar verunmöglichen.
Roger Köppel war für Nau.ch nicht erreichbar. Details dazu, wann genau seine Campus-Tour starten soll, gibt es bislang keine.