Quittung fehlt: Steuerberater warnen vor Twint & Co.
Während früher ein Ordner für die Buchhaltung Standard war, werden einige durch die Digitalisierung nachlässig. Dabei kann viel Geld durch die Lappen gehen.

Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer vernachlässigen ihre Buchhaltung zunehmend - wegen der Digitalisierung.
- Twint und Bankapps können zu fehlender Belegaufbewahrung verleiten.
- Ein Experte rät daher: Quittungen immer fotografieren und wenn möglich aufbewahren.
Die Druckerpatronen fürs Homeoffice, das Schulbuch für die Weiterbildung oder die Spende an Hilfswerke: Das sind nur einige Beispiele von Dingen, die man von den Steuern abziehen kann.
Allerdings braucht man bei diesen Dingen – anders als beim Pauschalabzug – einen Beleg. Und dieser fehlt immer häufiger.
Schweizerinnen und Schweizer sind in den letzten Jahren nämlich immer nachlässiger mit ihrer Buchhaltung geworden.
«Früher waren viele Leute ordentlich und hatten ihre Buchhaltung fein säuberlich im Ordner. Heute nehmen es viele damit nicht mehr ganz so genau», bestätigt Markus Stoll, Steuerexperte beim Vermögenszentrum, gegenüber Nau.ch.
Ein Grund dafür ist die Digitalisierung.
Bankapps und Twint können zu Nachlässigkeit verführen
«Früher zahlte man in der Regel bar, heute hingegen mit Karte oder dem Handy und hinterlässt so einen digitalen Nachweis. Das kann dazu führen, dass Belege weniger sorgfältig aufbewahrt werden, weil man den Zahlungsnachweis in der Bankapp hat.»
Besonders verlockend sind dabei auch Bezahl-Apps wie Twint. Allerdings reicht dieser Nachweis oft nicht.
«Um beweisen zu können, dass man zum Beispiel Druckerpatronen gekauft hat, braucht man die Quittung. Eine Twint-Buchung von einem Druckershop könnte das Steueramt vielleicht noch überzeugen.»
Doch: «Legt man aber eine Buchung aus einem Supermarkt vor, wird es wegen des grossen Sortiments schon schwieriger», so Stoll.
Fehlende Belege können teuer werden
Wird ein Abzug nicht gestattet, kann einem viel Geld durch die Lappen gehen.
Beispiel: Eine Person kauft für 80 Franken Druckerpatronen für das Homeoffice und bezahlt per Twint. Angenommen der Steuersatz beträgt 25 Prozent, könnte man also durch den Abzug 20 Franken Steuern einsparen.
Wird der Beleg nicht anerkannt, fällt der Steuervorteil weg – und man bezahlt 20 Franken höhere Steuern.

Je grösser die Anschaffungen, umso grösser der entgangene Steuervorteil.
Ein zweites Beispiel: Kauft eine Person einen neuen Laptop für 2000 Franken zur beruflichen Nutzung, kann sie die Zahlung aber nicht belegen.
In diesem Fall geht viel Geld verloren. Bei unserem Beispiel-Steuersatz gehen so 500 Franken durch die Lappen.
Twint: «Entscheid liegt bei der Kundschaft»
Twint selbst schreibt zum Thema auf Anfrage von Nau.ch: «Uns sind keine Hinweise bekannt, dass Zahlungen mit Twint häufiger dazu führen, auf einen Beleg zu verzichten.»
Die Bezahl-App betont: «Der Entscheid, ob ein Beleg verlangt oder aufbewahrt wird, liegt letztlich bei der Kundschaft, unabhängig von der gewählten Zahlungsart.» Die meisten Nutzenden von Twint seien sich der Bedeutung von Belegen durchaus bewusst.

Ein weiterer Grund für das Verleiten zur Nachlässigkeit ist laut Experte Markus Stoll: «Gerade bei elektronischen Geräten dient der kleine Kassenbon auch als Garantieschein. Früher bekam man für diesen noch einen Extra-Zettel in A4, den man viel eher noch aufbewahrt und weniger schnell verliert.»
Experte rät, Quittungen zu fotografieren
Nicht nur bei den Steuern droht die Belegfalle, sondern auch bei den Versicherungen.
Zum Beispiel, wenn einem das Handy geklaut wird und man dies der Versicherung beweisen muss. «Auch hier hängt es vom Goodwill der Versicherung ab, wie glaubhaft man den Schaden ohne Beleg nachweisen kann.»
Stoll rät daher, die Quittungen für alles, das versichert ist oder man von den Steuern abziehen kann, aufzubewahren. «Zudem rate ich, von den Belegen ein Foto zu machen, um sie auf dem Handy aufzubewahren.»
Bislang hätten die Steuerämter auch Kopien als Beleg akzeptiert. Doch der Experte mahnt: «In Anbetracht von KI könnte es einfacher werden, Quittungen zu fälschen. Da dürften auch die Steuerämter zunehmend skeptischer werden.»
Jeder Kanton handhabt Belege unterschiedlich
Eine Nau.ch-Umfrage bei mehreren Steuerverwaltungen zeigt: Jeder Kanton handhabt es anders, ob er einen Zahlungsnachweis in der Bank- oder Twint-App akzeptiert.
Die Steuerverwaltung des Kantons Bern sagt: «Ein solcher Zahlungsnachweis kann in Einzelfällen und je nach konkreter Fragestellung allenfalls auch als Beweis akzeptiert werden.» Eine generelle Aussage könne man keine machen.
Aus dem Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt heisst es hingegen: «Der Zahlungsnachweis genügt den Anforderungen meist nicht, da der Zahlungsgrund nicht eindeutig daraus hervorgeht.»
Das Kantonale Steueramt St. Gallen wiederum weist darauf hin, dass keine konkreten Regelungen für die Erbringung von Zahlungsnachweisen bestehen. «Grundsätzlich genügen aber auch die genannten Nachweise.»
Kantone führen keine Statistik zu nicht gestatteten Abzügen
Und das Finanzdepartement des Kantons Luzern meint diplomatisch: «Sofern der Zahlungsnachweis in der Bank-App oder Twint-App geeignet ist, den erforderlichen Nachweis zu erbringen, werden auch solche Nachweise akzeptiert.»
Heisst also: Es muss klar sein, dass der Nachweis auch wirklich dem Abzug dient.
Grundsätzlich akzeptieren die Ämter Kopien oder Fotos der Originalbelege. Allerdings behalten sie sich im Zweifelsfall das Recht vor, ein Original einzufordern.
Über nicht gestattete Abzüge führen die Kantone keine Statistik.











