Professor fordert: Mitarbeiter sollen auf Arbeitszeit ins Yoga
Viele Schweizer Unternehmen bieten ihren Angestellten Pilates oder Yoga an. Ein Professor findet: Die Kurse sollen auf Arbeitszeit gehen.

Das Wichtigste in Kürze
- Bewegung ist wichtig – besonders, wenn man den ganzen Tag im Büro sitzt.
- Einige Schweizer Unternehmen bieten ihren Angestellten Yoga- und Pilates-Kurse an.
- Ein Experte geht einen Schritt weiter: Er fordert Yoga auf Arbeitszeit.
Die Sportarten Yoga und Pilates erleben einen Boom. Auch in der Schweiz werden Sonnengruss und Co. fleissig praktiziert.
Kein Wunder, bietet Yoga doch viele Vorteile – sowohl psychische als auch körperliche: So dehnt regelmässiges Training die Muskeln und stärkt die Muskulatur. Zudem soll Yoga helfen, Stress zu reduzieren – ein guter Ausgleich also zum oft hektischen Arbeitsalltag.
Bundestag sucht Yoga-Lehrer
Das denkt sich offenbar auch der Bundestag: Die deutsche Bundesverwaltung will ab nächstem Jahr Yoga- und Pilates-Kurse für ihre Mitarbeitenden anbieten.
Die Angestellten sollen eine «anerkannte Methode der Stressreduktion kennenlernen, damit sie den gesundheitlichen Folgen von Stress präventiv begegnen können». Das heisst es in der Ausschreibung, mit der nach Yoga- und Pilates-Lehrern gesucht wurde.
Das Angebot richtet sich allerdings nur an die Angestellten der Bundesverwaltung. Politikerinnen und Politiker dürfen also nicht mitmachen.
Auch in der Schweizer Arbeitswelt heisst es immer öfter: «Namaste.»
«Viel Interesse» an Yoga-Lektionen über Mittag
Denn einige Arbeitgeber bieten ihren Angestellten Yoga- und Pilates-Lektionen an, wie eine Umfrage von Nau.ch zeigt.
So heisst es von der Versicherung Mobiliar: «Unsere Mitarbeitenden profitieren von verschiedenen präventiven und gesundheitsfördernden Angeboten. Dazu gehören auch Rabatte in ausgewählten Yoga-Studios.»
Auch die Versicherung Axa stellt ihren Mitarbeitenden ein «vielseitiges Gesundheitsangebot» zur Verfügung. Darunter auch verschiedene Sportangebote wie Yoga- und Pilates-Stunden.
«Insbesondere Präsenzkurse, die über Mittag stattfinden, stossen bei unseren Mitarbeitenden auf viel Interesse», so eine Sprecherin.
Unter den Sport- und Bewegungsangeboten, welche die Zürcher Kantonalbank ihren Angestellten anbietet, sind ebenfalls Fitness- und Yoga-Kurse. Diese würden auch «rege genutzt», hält ein Sprecher fest.
Yoga und Pilates auch beim Unisport
An den Schweizer Hochschulen profitieren die Mitarbeitenden derweil vom Unisport.
Der akademische Sportverband Zürich bietet ein «sehr breites Angebot an Sportarten zu günstigen Preisen» an. Darunter auch Yoga oder Pilates. «Das Angebot wird rege genutzt», bestätigt ein Sprecher.
Auch das Angebot des Universitätssports Bern beinhaltet unter anderem Yoga- und Pilates-Kurse. Zugang dazu haben alle Mitarbeitenden, die einen Unisportausweis gelöst haben.
Von Studierenden und Mitarbeitenden würden diese «rege besucht».
Experte lobt: «Eine gute Sache»
Doch wie viel bringt es wirklich, wenn Arbeitgeber Yoga- oder Pilates-Kurse für ihre Angestellten organisieren?
Nau.ch hat bei Markus Gerber, Leiter des Fachbereichs Sport und psychosoziale Gesundheit an der Universität Basel, nachgefragt.
Er sagt: «Wenn Firmen Massnahmen ergreifen, um bei ihren Angestellten einen körperlich aktiven Lebensstil zu fördern, ist das eine gute Sache.»
Der Experte geht noch einen Schritt weiter: «Die Kurse sollten jedoch auf freiwilliger Basis und während der bezahlten Arbeitszeit besucht werden können.»
Denn: «Der Arbeitgeber profitiert seinerseits auch von gesunden, fitten und energiegeladenen Mitarbeitenden.» Allerdings sollte man solche Kurse nicht verpflichtend machen, da dies für die «intrinsische Motivation eher abträglich wäre».
Das sagen Firmen
Auf Arbeitszeit Yoga machen? Das wäre ein Benefit, der wohl vielen Arbeitnehmenden gefallen würde.
Bei den befragten Firmen gehören Yoga- und Pilates-Kurse allerdings in die Mittagspause oder den Feierabend.
So finden die vergünstigten Yoga-Kurse für Mobiliar-Angestellte ausserhalb der Arbeitszeit statt, wie es auf Anfrage heisst.

Auch Axa-Mitarbeitende sollen die angebotenen Kurse grundsätzlich ausserhalb der Arbeitszeit besuchen. Aber: Es gebe auch bestimmte Themenwochen mit dem Fokus Gesundheit, erklärt eine Sprecherin.
In denen gebe es auch Angebote und Kurse, «die während der Arbeitszeit genutzt werden können».
Die Yoga-Kurse der Zürcher Kantonalbank werden derweil zu Tagesrandzeiten – etwa in der Mittagspause – angeboten. «So, dass diese ausserhalb der Arbeitszeit besucht werden können», erklärt der Sprecher.
Auch der Besuch von Unisport-Kursen erfolgt nicht während der Arbeit.
Yoga und Pilates für viele machbar
Ob auf Arbeitszeit oder nicht – Yoga und Pilates sind im Arbeitsalltag vieler Personen angekommen.
Aber stimmt es wirklich, dass diese Sportarten bei Stress helfen?
Markus Gerber sagt dazu: «Eine stressmildernde Wirkung wurde für eine Vielzahl an körperlichen Aktivitäten nachgewiesen. Es ist davon auszugehen, dass auch Yoga und Pilates zum persönlichen Stressmanagement eingesetzt werden können.»
Der Begriff «stressmildernd» meint, dass körperlich aktive Personen bei hoher Stressbelastung weniger gesundheitliche Beeinträchtigungen entwickeln als inaktive Menschen.
«Ich selber glaube sehr an das Potenzial von Yoga und Pilates», sagt der Professor der Uni Basel. «Weil es Sportarten sind, die für viele Personen machbar sind, auch in höherem Alter, und ein verhältnismässig kleines Verletzungsrisiko bergen.»
Zudem könne die Intensität gut auf den Trainingszustand der einzelnen Person angepasst werden.
«Grundsätzlich gilt jedoch: Bewegung entfaltet ihre stressmildernde Wirkung dann am besten, wenn eine Person Spass beim Sporttreiben hat», stellt Gerber klar.
Yoga gegen Rückenbeschwerden im Bürojob
Körperliche Aktivität wirke sich jedoch auch unabhängig vom Stressniveau einer Person positiv auf die physische und psychische Gesundheit aus.
«Mit Yoga und Pilates können zudem die Beweglichkeit und die Rumpfkraft gefördert werden», erklärt Gerber. «Dadurch kann auch Haltungs- und Rückenbeschwerden entgegengewirkt werden, was für viele Arbeitnehmende mit Bürojobs ein grosses Problem darstellt.»

Werden die Aktivitäten im Gruppenformat durchgeführt, könnten Pilates- und Yoga-Kurse auch zur sozialen Eingebundenheit einer Person beitragen.
«Positiv ist, dass bei Yoga und Pilates die Zugangsschranken relativ tief sind», hält Gerber fest. «Es braucht keine spezifischen Vorkenntnisse oder technischen Fertigkeiten, um in ein Training einsteigen zu können.»
















