Neuer Wirbel um Thurgauer AfD-Pfarrer
Jüngst machte ein Diessenhofener Pfarrer mit seinem AfD-Amt Schlagzeilen. Jetzt werfen Facebook-Posts neue Fragen zu seiner reellen politischen Einstellung auf.

Das Wichtigste in Kürze
- Gottfried Spieth ist gleichzeitig Pfarrer und AfD-Stadtverordneter in Deutschland.
- Kürzlich betonte er, «mit Rechtsextremen nichts am Hut» zu haben.
- Vergangene Facebook-Posts lassen nun teilweise auf ein anderes Bild schliessen.
Seit Jahren gehört Gottfried Spieth (64) der AfD an. Dass der Diessenhofener Pfarrer kürzlich im deutschen Frankfurt an der Oder zum AfD-Stadtverordneten wurde, sorgte Anfang Juli für Schlagzeilen.
Die Werte der AfD und jene der Kirche seien nicht vereinbar, betonte die Diessenhofener Kirchenpräsidentin Jael Mascherin. Dies sagte sie gegenüber der «Thurgauer Zeitung».
Im selben Bericht entkräftete der Pfarrer die Befürchtungen jedoch: «Mit Rechtsextremen» habe er «nichts am Hut» und er wolle mässigend auf die AfD einwirken.
Dennoch wurde beschlossen, dass Spieth sein Pfarramt nur noch bis Jahresende bekleiden und sich zwei Monate früher pensionieren lassen wird.
Facebook-Posts unter Namen von totem Bruder veröffentlicht
Nach Recherchen der «Schaffhauser AZ» wurden nun allerdings Facebook-Posts bekannt, welche die Äusserung Spieths infrage stellen.
Denn in den Sätzen, die der Pfarrer über den Account seines verstorbenen Bruders veröffentlichte, lassen sich deutlich rechte Tendenzen finden.

So seien die Soldaten der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg im Kampf um Stalingrad «überzivilisiert und verweichlicht» gewesen, schrieb Spieth.
Das Volk hätte heute nur dann eine Chance, wenn es zur «instinkthaft-leidenschaftlichen Männlichkeit» und «kämpferischen Priorität des Männlichen» zurückfinde.
Die «herrschende westdeutsche Klasse» sei jetzt zu Recht «aufgeregt», weil sie spüre: «Ihre Zeit ist abgelaufen.»
Die Politik verändere sich zugunsten der AfD, was der Pfarrer begrüsst: «Jetzt ertönt der Schwanengesang. Und das ist gut so.»
Auch zur Amtszeit der früheren deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel äusserte sich Spieth: Für die Wirtschaft sei sie nicht schlecht gewesen, jedoch für den «Gen-Pool».
Eine Anspielung, die sich gemäss der «Schaffhauser AZ» auf die hohe Migrationsquote in Deutschland beziehen soll.
Juden und Migranten im Fokus
Zu einem Artikel über Flüchtlinge kommentierte Spieth im September 2024: «Der germanische Zorn ist nicht verschwunden, er schläft. Wehe, wenn er aufgeweckt wird!»
«10 bis 20 nichtassimilierte Biodeutsche, im Bunde mit moderner (Wehr-) Technik, sind zu (fast) allem in der Lage.», heisst es weiter.

Politikwissenschaftlerin äussert sich
Bewertet wurden Spieths Posts nun durch die österreichische Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl.
Diese vergleicht gegenüber der «Schaffhauser AZ» den Schreibstil des Pfarrers mit jenem des Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke: «Gottfried Spieth erfüllt so ziemlich alle Kriterien eines gefestigten rechtsextremen Weltbildes», schlussfolgert Strobl.
Der Pfarrer verfolge «traditionelle Geschlechterbilder und legt ein ultramaskulinistisches, männerbündlerisches Denken an den Tag».
Spieth selbst bestreitet nicht, die Posts veröffentlicht zu haben, hat den Account aber mittlerweile gelöscht. Er habe mit seinen «assoziative Verlautbarungen» die «Grenzen des bürgerlich Sagbaren ausloten» wollen, erklärt er.
Pfarrer verteidigt Stellungnahmen
Er erkenne darin weder Rassismus noch Rechtsextremismus oder Antisemitismus. «Ich würde sie vielleicht rechtsintellektuell nennen», beschreibt der Pfarrer seine Texte.
Spieth räumt zudem ein, manche der geschriebenen Worte zu bedauern. «Der Fokus aufs Maskuline hätte nicht sein müssen», erklärt er der «Schaffhauser AZ».