Der Onlinehändler Galaxus wirbt nun mit ausgewerteten Nutzerdaten. Schweizer Experten sind nicht die grössten Fans der neuen Werbekampagne.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Galaxus Digitec AG hat eine neue Werbekampagne lanciert.
  • Schweizer Städte werden in Sachen Kaufverhalten miteinander verglichen.
  • Datenschutz-Experten stehen der Kampagne kritisch gegenüber.

«Zürcher*Innen kaufen mehr Steuersätze als alle anderen.» Diesen und ähnliche Sprüche sieht man derzeit überall auf den Schweizer Strassen. Denn die Digitec Galaxus AG hat eine neue Werbekampagne gestartet.

In den sozialen Medien wurde mitunter die Frage nach der Legalität der Kampagne aufgeworfen. Schlussendlich werden hier Nutzerdaten ausgewertet und für Werbezwecke wiederverwendet.

Martin Steiger, Anwalt für Datenschutzrecht, fasst das Datenschutzrecht in der Schweiz kurz und knackig zusammen: «Was nicht verboten ist, ist erlaubt.» Trotzdem sehen Experten die Werbungen nicht gerne.

Datenschutzerklärung reicht rechtlich aus

Anwalt Steiger führt aus: «Das Datenschutzrecht in der Schweiz will nicht vor der Bearbeitung von Daten schützen, sondern vor dem Missbrauch von Daten.» Das heisst, Personendaten von Kunden dürfen bearbeitet werden. Sofern diese die Möglichkeit haben, sich über den Zweck der Bearbeitung zu informieren.

Martin Steiger Coronavirus
Martin Steiger ist Rechtsanwalt und Mitglied der Digitalen Gesellschaft Schweiz. - Steigerlegal.ch

Und das kann man bei Digitec Galaxus AG ziemlich einfach. Die Firma lässt sich bei der Registrierung auch noch bestätigen, dass man in die Bearbeitungsvorgänge gemäss Datenschutzerklärung einwilligt. «Man könnte argumentieren, dass die Analyse ungewöhnlich weit geht.»

Galaxus Werbung
Ein Plakat der Digitec Galaxus in Baden AG.
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Auch in Zürich trifft man die Werbungen überall an.
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Vergleiche zwischen benachbarten Ortschaften sind keine Seltenheit bei der neuen Werbekampagne von Galaxus.

Dem stimmt der Geschäftsführer von der Digitalen Gesellschaft Schweiz, Erik Schönberger, zu. «Galaxus ist relativ offensiv in der Bearbeitung der Kundendaten. Jedoch ist es bei ihnen auch einfacher, über ein Datenauskunftsbegehren an seine eigenen Daten zu kommen.»

Galaxus selber versichert, die Kundendaten seien anonymisiert. «Die Aussagen sind jeweils ziemlich generisch», rechtfertigt Sprecher Rico Schüpbach die Werbung. Das Zitat auf dem Tweet (zu Beginn des Artikels) sage lediglich aus, dass Galaxus mehr Baby-Lätzchen in Zürich verkaufe als in Basel. Mehr nicht.

«Diese Aussage ist nicht wirklich spektakulär oder ‹creepy›», findet Schüpbach.

Sicherheitsbehörden sind interessiert an Kundendaten

«Die Datensammlung, wie sie beispielsweise Galaxus besitzt, kann auch Sicherheitsbehörden oder gar den Geheimdienst auf den Plan rufen», glaubt hingegen Schönberger. Denn: «Das Kaufverhalten einer Person sagt nun mal viel über die sozialen, kulturellen oder sogar religiösen Hintergründe aus.»

Auch hier widerspricht Galaxus-Sprecher Schüpbach: «Wir verraten hier ja kein wohlgehütetes Geheimnis und aus dem erhöhten Lätzchen-Verkauf lässt sich auch nicht wirklich etwas über den ‹sozialen, kulturellen oder religiösen Hintergrund› ableiten, wie das Herr Schönberger andeutet.»

Preistransparenz Digitec Galaxus
Digitec Galaxus sorgt für Preistransparenz. (Archivbild) - Keystone

Doch auch Hernâni Marques vom Chaos Computer Club ist skeptisch. Strafverfolgungsbehörden würden im Rahmen von Zwangsmassnahmen auf diese Daten zugreifen und ermitteln. «Es werden einfach alle Daten genutzt, die vorliegen.»

«Je mehr Daten man hat, desto mehr Muster glaubt man zu erkennen», was unter Umständen zu überflüssigen Prozessen führen könnte. Es kam demnach schon vor, dass Personen rein aufgrund ihrer Online-Einkäufe verhört wurden.

Galaxus betreibt «Überwachungs-Kapitalismus»

Marques ist ein wenig empört über die grosse Menge an Daten, die der Online-Händler so ansammelt. «Das, was Galaxus hier macht, ist ein gutes Beispiel für Überwachungs-Kapitalismus.» Hierbei werden technisch erfasste Nutzerdaten dazu verwendet, um aus deren Verhaltensmustern Kapital zu schlagen.

cyber monday Digitec Galaxus
In der Vorweihnachtszeit verzeichnete Digitec Galaxus einen leichten Anstieg bei den Päckli-Diebstählen. - sda

«Bei solchen Dingen fehlt in der Schweiz das drakonische Schwert über den Firmen.» Marques ist der Meinung, dass Firmen in Sachen Datenauswertung besser überprüft werden sollten. Denn je mehr Daten vorliegen, desto besser können diese auch von Drittpersonen missbraucht werden.

Und auch Martin Steiger ist sich bewusst: «Wenn solche Werbung funktioniert, wird Digitec Galaxus weiterhin auf sie setzen.» Und wie die Reaktionen auf den sozialen Medien zeigen, fährt der Händler damit richtig.

Auch Galaxus hält an der Werbung fest. Denn der Grad der Regionalisierung sei spektakulär, beschreibt ihn Rico Schüpbach. «Dank generativem Design und Automatisierung ist jedes der über 11'000 Sujets ist ein Unikat.»

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