Mehr Spannungen bei Familien ohne Garten oder grossen Balkon
Eine Umfrage der Hochschule Luzern hat ergeben, dass Familien mit Garten oder Balkon während des Lockdowns harmonischer zusammengelebt haben.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Wohnraum und das Einkommen hatten im Lockdown Einfluss auf das Familienklima.
- Über 5 Prozent der Befragten gab an, es sei zu innerfamiliärer Gewalt gekommen.
Familien ohne Garten oder grossen Balkon haben während des Lockdowns mehr Spannungen erlebt als solche mit. Das zeigt eine repräsentative Befragung der Hochschule Luzern. Die Studie hat untersucht, wie sich das Zusammenleben in den Familien im Lockdown entwickelt hat, wie die Hochschule mitteilte.
Die Mehrheit der Befragten beschrieb das Klima in ihren Familien während beider Zeiträume als eher harmonisch. Jeweils gut ein Viertel berichtete von Reibereien oder Spannungen. Familien, die mit Garten oder Terrasse wohnen, ihr Familienleben während des Lockdowns als harmonischer also solche ohne.
Zudem hatte das Einkommen einen Einfluss auf das Familienklima. Je grösser die Einkommensschwierigkeiten, desto häufiger berichteten die Familien von Spannungen und desto weniger harmonisch beschrieben sie das Familienleben. Das Gleiche trifft für Familien zu, in denen die Eltern ihre Kinder mindestens teilweise neben der Arbeit betreuen mussten.
Mehr Gewalt gegen Kinder nach Lockdown
5,5 Prozent der Befragten gaben an, dass es während des Lockdowns zu innerfamiliärer Gewalt gekommen ist. Im Sommer ging die Zahl leicht zurück auf 5,2 Prozent. Dabei wiesen die Studienautorinnen darauf hin, dass es sich um einen kürzeren untersuchten Zeitraum als im Lockdown handelte.

Eine Zunahme gab es bei der Gewalt gegenüber Kindern: 4,5 Prozent der Befragten, die mit Kindern leben, gaben an, während des Lockdowns einem Kind gegenüber gewalttätig geworden zu sein. Im Sommer waren es 5,6 Prozent. Dabei handelte es sich am häufigsten um psychische Gewalt, insbesondere um wiederholte Beschimpfungen. Wenige Befragte gaben an, Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt geworden zu sein.
Laut Studienautorinnen zeichnet sich bei der innerfamiliären Gewalt das gleiche Muster ab wie beim wahrgenommenen Familienklima. Besonders von Gewalt betroffen waren Familien, die Mühe hatten, mit ihrem Einkommen zurechtzukommen.
Kein befürchteter starker Anstieg von Gewalt
Auch Personen, die ältere Angehörige pflegten oder während der Arbeit Kinder betreuen mussten, haben vermehrt von Gewaltsituationen berichtet. «Die Pandemie erzeugt keine neuen Risikofaktoren. Sie setzt bei bekannten Faktoren an und wirkt verstärkend», lässt sich Paula Krüger, Gewaltforscherin an der Hochschule Luzern, zitieren.
Die guten Nachrichten: Laut Krüger sieht es nicht so aus, als sei es im Frühjahr zum befürchteten starken Anstieg von innerfamiliärer Gewalt gekommen. Die Resultate deuteten jedoch darauf hin, dass die lange Dauer der Pandemie an den Nerven der Bevölkerung nage.
Studie wird bis Ende 2021 weitergeführt
Für die Befragung hat die Hochschule Luzern mit dem Umfrageinstitut «gfs.bern» zusammengearbeitet. 1037 Personen in der ganzen Schweiz wurden während des Lockdowns und während eines Zeitraums von vier Wochen im Sommer befragt.
In der Studie lassen sich deshalb nur Aussagen über die Entwicklung der Zeit von April bis August machen. Sie sei deshalb kein Vergleich mit der Situation vor dem Lockdown. Die Studie wird bis Ende 2021 weitergeführt.