Einige Vegetarierinnen und Vegetarier machen immer häufiger eine Ausnahme. Das hat seine Gründe. Denn: Vegi ist nicht gleich Vegi.
Buffet
Manch ein Vegi macht ab und zu eine Ausnahme. - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Rund fünf Prozent der Schweizer Bevölkerung ernährt sich vegetarisch – Tendenz steigend.
  • Doch immer mehr Vegis pflegen eine «Mache Ausnahme»-Mentalität.
  • Dabei sind die verschiedenen Beweggründe für die vegetarische Ernährung entscheidend.
Ad

Sinkt nach dem Vegi-Hype der letzten Jahre jetzt die Disziplin?

Vegis berichten bei Nau.ch, dass sie ihre Prinzipien immer häufiger über Bord werfen. Aus «Gluscht» oder aus Bequemlichkeit.

«Die Versuchung war zu gross», sagt Manuel P.*. In seinen Italien-Ferien konnte der Berner, der sich seit vier Jahren vegetarisch ernährt, würzigen Sardellen auf der Pizza nicht widerstehen.

Pizza
Nau.ch-Leser Manuel P.* wollte sich in seinen Italien-Ferien die Sardellen auf der Pizza nicht entgehen.
Döner
Nau.ch-Leser Elia S.* macht gerne auch mal eine Ausnahme für Döner.
Vegi
Warum bei manchen Vegis die Disziplin sinkt, dürfte auf die Beweggründe zurückzuführen sein.
Vegi
Streng genommen ist man dann eigentlich Flexitarier und nicht mehr Vegetarier.
WWF
Der WWF hält allerdings nichts von «starren Schubladen».

Auch Elia S.* nimmt es nicht immer so genau mit seinen Prinzipen. «Wenn ich bei meinen Eltern eingeladen bin, mache ich eine Ausnahme», sagt der Luzerner, der vor neun Jahren Vegi wurde. «Oder manchmal auch, wenn ich Lust auf Döner habe.»

Mit ihrer «Mache Ausnahme»-Mentalität sind die Nau.ch-Leser in guter Gesellschaft.

Renato Pichler ist Präsident und Geschäftsführer von Swissveg. Der Verein setzt sich für die Interessen von vegan und vegetarisch lebenden Menschen ein. Er hat für das Phänomen eine Erklärung.

Pichler verweist auf Anfrage von Nau.ch darauf, dass es heute deutlich mehr vegetarisch und vegan lebende Menschen gibt. Laut Zahlen von Swissveg aus dem Jahr 2022 essen fünf Prozent der Schweizer Bevölkerung kein Fleisch – Tendenz steigend. «Daher wäre es naheliegend, dass es auch immer mehr gibt, die es nicht ganz konsequent umsetzen.»

Vegis haben unterschiedliche Beweggründe

Hierbei spielten die Beweggründe für die vegetarische Ernährung eine Rolle. «Während früher hauptsächlich ethische Aspekte den Ausschlag gaben, kamen in den letzten Jahrzehnten immer häufiger gesundheitliche und ökologische Gründe dazu.»

Pichler erklärt: «Wenn jemand wegen der Umwelt Vegi ist, ist es gut möglich, dass die Person manchmal Fleisch isst.» Wohl aber kaum, wenn eine Person grundsätzlich gegen den Konsum von Tieren eingestellt ist.

Und: «Gegenüber früher gibt es heute auch Personen, die aus sozialen Gründen kein Fleisch konsumieren», so Pichler. Etwa, weil die vegetarische Ernährung im Umfeld «trendy» ist. «Diese Personen sehen kaum ein Problem darin, dennoch ab und zu Fleisch zu essen. Wenn sie damit für sich soziale Vorteile sehen – zum Beispiel, wenn man eingeladen ist.»

«Image der Vegetarier ist gut»

Pichler sagt, dass diese Personen allerdings nicht zur Gruppe der Vegetarier, sondern zu den Flexitariern gezählt werden sollten. Flexitarismus lässt gelegentlichen Fleischkonsum nämlich zu.

Dass sich manche Personen, die oft Ausnahmen machen, dennoch als Vegetarier bezeichnen, erklärt er sich so: «Das Image der Vegetarier ist heute so gut, dass man gerne dazu gezählt wird.»

Ernährst du dich vegetarisch?

Er ergänzt: «Wir begrüssen jede Person, die ihren Fleischkonsum stark einschränkt. Auch wenn wir solche Personen nicht zu den Vegetariern zählen.»

Pichler beobachtet aber: «Für viele Menschen ist es einfacher, gar keine Tiere zu konsumieren, als sich bei jedem Essen überlegen zu müssen: Mache ich heute eine Ausnahme?»

Weit weniger streng sieht die Thematik der WWF. Die «starre Einteilung in Schubladen» wie Vegetarier, Veganer oder Flexitarier hält die Umweltschutzorganisation für «wenig zielführend und nicht alltagstauglich».

WWF hält nichts von «strengen Schubladen»

Mariella Meyer, WWF-Expertin für nachhaltige Ernährung, erklärt auf Anfrage von Nau.ch: «Diese Kategorisierungen können hilfreich sein, wenn man wissenschaftliche Untersuchungen durchführt und klare Definitionen benötigt. Im alltäglichen Leben jedoch, wo individuelle Entscheidungen und Lebensstile variieren, sind diese starren Labels oft hinderlich.»

WWF
«Weniger Fleisch essen hilft schon viel» – so wirbt der WWF für Fleischverzicht. - WWF

Und: «Menschen in Schubladen zu stecken, führt letztlich nur dazu, dass vermeintliche Fehltritte getadelt werden, was kontraproduktiv sein kann.» Vielmehr sollte das wachsende Bewusstsein und Interesse für einen reduzierten Fleischkonsum positiv hervorgehoben und unterstützt werden.

Der WWF wirbt in einer Kampagne denn auch mit dem Slogan «Weniger Fleisch essen hilft schon viel». «Aus ökologischer Sicht zählt die Gesamtsumme des eingesparten Fleisches», erklärt Meyer.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

UmweltFerienWWF