Der Loverboy-Prozess im Gange. Der Hauptbeschuldigte (21) streitet ab, dass er das 12-Jährige Mädchen seinen Freunden für Sex zur Verfügung gestellt hat.
«Loverboy»-Prozess
Der Hauptbeschuldigte im «Loverboy»-Prozess ist unter anderem des Menschenhandels beschuldigt. (Symbolbild) - Pexels
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mehrere Wochen dauert der Prozess am Bezirksgericht Winterthur um den «Loverboy»-Prozess.
  • Der Hauptbeschuldigte ist unter anderem wegen Menschenhandel angeklagt.
  • Er streitet jedoch ab, sie zum Sex mit seinen Freunden gezwungen zu haben.

Am zweiten Tag des «Loverboy»-Prozesses in Winterthur hat sich der 21-jährige Hauptbeschuldigte am Dienstag erneut wie ein «Gangster» präsentiert. Dass er das 12-jährige Mädchen seinen «Bros» für Sex zur Verfügung stellte, stritt er einmal mehr ab.

«Ja, ich habe Schlimmes mit ihr gemacht. Ich habe sie geschlagen und immer wieder Geld von ihr gefordert», sagte der 21-Jährige bei der Befragung am Bezirksgericht Winterthur. Wie schon am Montag wirkte er dabei überaus selbstsicher, nach echter Reue klang es nicht. Seiner Rolle als »Playboy« und »Gangster« blieb er treu.

Zu Sex mit seinen Freunden habe er sie aber nie gezwungen, betonte er. Das sei freiwillig gewesen.

«Sie hat damals viele Sachen anders erlebt als ich. Wenn sie sich so gefühlt hat, tut mir das leid.» Sie habe zwischendurch aber immer wieder auch gelacht.

«Keine Liebesbeziehung»

Zum Lachen war dem heute 17-jährigen Mädchen vor Gericht nicht zumute. Auch am zweiten Tag stellte es sich den Fragen des Richters. Mit gefasster Stimme erzählt das Mädchen, wie es versucht habe, sich gegen seine Freunde und Cousins zu wehren. Meist liess es den Sex dann wie erstarrt über sich ergehen, damit es schneller vorbei war.

Der Hauptbeschuldigte, in den das Mädchen seit 2017 unsterblich verliebt war, filmte dabei nicht nur Sexszenen. Er zeigte seinen Kollegen auch stolz per Handy-Videoanruf, wie er sie mit Schlägen zugerichtet hatte. Dazu grinste er in die Kamera. Eine Zigarette, die er in ihr Gesicht schnippte, hinterliess eine Narbe.

Während sie trotz aller Misshandlungen unsterblich in den vier Jahre älteren Jugendlichen verliebt war, war es in seinen Augen «keine Liebesbeziehung». Er habe sich nur wegen des Geldes immer wieder bei ihr gemeldet. Innerhalb von zwei Jahren brachte er das Mädchen dazu, von seiner Familie rund 15'000 Franken zu stehlen.

Familie des Opfers fordert Geld zurück

Einmal gab sie ihrem «Freund» das Feriengeld der Familie, rund 1000 Franken. In anderen Fällen musste sie mit ihm Kleider und Schuhe shoppen gehen, wobei sie die Kreditkarte der Mutter nutzte. Die Familie des Opfers fordert dieses Geld nun zurück, oder zumindest einen Teil davon. Der Beschuldigte und die Familie einigten sich darauf, dass er 7000 Franken zurückzahlen soll.

Der Hauptbeschuldigte ist unter anderem wegen Menschenhandels und Körperverletzung angeklagt. Der Jugendanwalt fordert eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Weil der heute 21-Jährige zu Beginn der Taten noch minderjährig war, soll er in eine stationäre Massnahme für junge Erwachsene.

Vor Gericht verantworten müssen sich auch sechs andere junge Männer - seine «Bros», denen er das Mädchen «zur Verfügung stellte». Seine Kollegen, die zum Zeitpunkt der Sexualdelikte noch minderjährig waren, sollen gemäss Anklage bedingte Freiheitsstrafen erhalten.

Sie habe «nie nein gesagt»

Jene, die bereits über 18 Jahre alt waren, sollen mit unbedingten Freiheitsstrafen sowie je zehn Jahren Landesverweis bestraft werden. Aus welchen Ländern die jungen Männer stammen, darf auf Anordnung des Gerichts nicht publik gemacht werden.

Jene Beschuldigten, die sich bei der Befragung vom Montag noch an Sex mit der Zwölfjährigen erinnern wollten, betonten, dass sie «nie Nein gesagt habe». Sie rede heute nur deshalb von Zwang, weil sie nicht als Flittchen gelten wolle.

Der Fall in Winterthur ist ein drastisches Beispiel der so genannten «Loverboy»-Missbrauchsform. «Loverboys» sind Männer, die Mädchen oder Frauen, die in sie verliebt sind, manipulieren, abhängig machen und ausbeuten. Häufig drängen sie die Opfer zu Sex mit anderen.

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