Der Hauptverdächtige im «Loverboy»-Prozess beharrt auf seinen Standpunkt. Er habe nicht eine Zwölfjährige zum Sex mit seinen Freunden gezwungen.
«Loverboy»-Prozess
Der Hauptbeschuldigte im «Loverboy»-Prozess in Winterthur streitet alles ab. - Pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der «Loverboy»-Prozess nimmt am Montag in Winterthur seinen Lauf.
  • Gemäss dem Verdächtigen habe er das Mädchen nicht zum Sex mit seinen Freunden gezwungen.

Der Hauptbeschuldigte im «Loverboy»-Prozess in Winterthur hat am Montag abgestritten: Er soll ein zwölfjähriges Mädchen zu Sex mit seinen Freunden gezwungen haben. Das sei aber alles freiwillig gewesen, «wir hatten doch Spass», sagte er.

«Wenn sie sich gezwungen gefühlt hat, ist das schlimm und tut mir leid.» Dies sagte der Hauptbeschuldigte, der unter anderem wegen Menschenhandels angeklagt ist und vier Jahre älter ist als das Opfer. Er habe ihr nie befohlen, mit seinen Freunden Sex zu haben.

Er räumte aber ein, die Szenen gefilmt zu haben, «weil man das ja nicht jeden Tag erlebt». Im Nachhinein bereue er das. Aber damals habe er «der coole Rapper» sein wollen. Er habe einzelne Aufnahmen auch weitergeschickt, um im Mittelpunkt zu stehen.

Sex
Kondome liegen auf einem Tisch. (Symbolbild) - Keystone

Eine Beziehung habe er zum zwölfjährigen Mädchen nicht gehabt. Das sei eher so «Freundschaft plus» gewesen, also eine Freundschaft mit Sex. «Ich habe ihr nie einen Grund gegeben, sich in mich zu verlieben.»

Ihm sei es sowieso immer nur ums Geld gegangen, das er von ihr verlangt habe. «Wenn sie kein Geld für mich hatte, fühlte ich mich verarscht», sagte er weiter. Dann habe er sie geschlagen. Das seien so «gegenseitige Spielereien» gewesen.

Anderer Standpunkt

Um ihrem «Freund» Geld geben zu können, stahl das Mädchen seinen Eltern innerhalb von zwei Jahren rund 15'000 Franken. Er zahlte damit Kleider und wollte ein Rap-Video produzieren.

Die heute 17-jährige Geschädigte sieht diese zwei Jahre mit dem Hauptbeschuldigten völlig anders. Das sei durchaus eine Beziehung gewesen, wenn auch keine normale, sagte sie in der Befragung. «Vielleicht war es nur einseitig von mir aus.»

Liebe
Das Mädchen habe den Hauptbeschuldigten geliebt. - Pixabay

Immer wenn er ihr etwas angetan habe, habe er schadenfreudig «wie ein Psycho» gegrinst. Sie habe sich aber nicht von ihm trennen können, weil es immer auch schöne Momente gegeben habe. «Manchmal streichelte er mir über die Wange. Ich konnte nicht loslassen.»

Der Sex mit dem Hauptbeschuldigten sei einvernehmlich gewesen, weil sie ihm auf diese Weise habe nahe sein können. «Mir hätte aber auch eine Umarmung genügt.» Der Sex mit seinen «Bros» hingegen nicht. «Ich habe aber nie etwas gesagt, ich war eher passiv und das schüchterne Mädchen.»

Sie habe doch nur Liebe gewollt. Ihre Eltern versuchten verzweifelt, ihre Tochter vom vier Jahre älteren Jugendlichen fernzuhalten. Allerdings half auch nicht, dass sie die Tochter im Zimmer einsperrten. In einem Fall sprang sie sogar aus dem zweiten Stock, um ihren «Freund» zu sehen.

Auch «Bros» hatten Sex mit ihr

Als sie ihn dann anzeigte und er verhaftet wurde, war das für sie, «als würde mir eine Droge weggenommen». Auch heute noch scheint sie Gefühle für ihren Peiniger zu haben. Sie wolle ihn glücklich sehen und wünsche ihm eine Frau, die ihn so liebe wie sie. Dies sagte sie bei der Befragung.

Dann richtete sie mit einem Lächeln im Gesicht Grüsse an ihn aus. Er sass in der Zeit in einem anderen Saal und sah sich ihre Befragung per Videoübertragung an. Vor Gericht stehen neben dem Hauptbeschuldigten auch sechs andere junge Männer. Seine «Bros», welche das Mädchen zusammen mit ihm missbraucht haben sollen.

Jene, die sich an Sex mit der Zwölfjährigen erinnern wollten, betonten, dass sie «nie Nein gesagt habe». Die Jugendanwaltschaft fordert für den Hauptbeschuldigten eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Weil er zu Beginn der Taten noch minderjährig war, soll er in eine stationäre Massnahme für junge Erwachsene. Er habe das Mädchen bewusst beherrscht und wie eine Ware benutzt, heisst es in der Anklageschrift.

Seine minderjährigen «Bros» sollen gemäss Anklageschrift bedingte Freiheitsstrafen erhalten. Die volljährigen Freunde sollen mit unbedingten Freiheitsstrafen sowie je zehn Jahren Landesverweis bestraft werden. Der Prozess wird mehrere Tage dauern. Das Urteil wird Anfang Juli eröffnet.

«Loverboys» sind Männer, die verliebte Mädchen oder Frauen manipulieren und missbrauchen. Häufig drängen sie die Opfer zu Sex mit anderen, oft auch gegen Geld. Der Fall in Winterthur ist ein drastisches Beispiel dieser Missbrauchs-Form.

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