Aggressive Schüler und Helikoptereltern machen Lehrern das Leben schwer. Gewisse Dinge seien aber früher schlimmer gewesen, erinnern sich zwei Lehrerinnen.
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Regula Benninger (l.) und Monique Küenzi (r.) unterrichten seit über 30 Jahren. - DOSF / zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Aggressive Schüler und Helikoptereltern sorgen zunehmend für Schlagzeilen.
  • Für zwei Freiburgerinnen bleibt der Lehrberuf aber auch nach 30 Jahren noch ein Traumjob.
  • Monique Küenzi und Regula Benninger meinen gar, dass Schüler früher mehr Mist bauten.
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Spuckende Schüler, drohende Lehrer, Gewalt im Job: Der Lehrerberuf steht derzeit nicht sehr gut da.

Doch: Zwei langjährige Oberstufen-Lehrerinnen verteidigen die heutigen Schüler. Sie sind der Meinung, früher hätten die Kinder und Teenager mehr Blödsinn gemacht.

Monique Küenzi ist inzwischen pensioniert, arbeitete 33 Jahre an der deutschsprachigen Orientierungsschule Freiburg (DOSF). Sie unterrichtete ihren Siebt- bis Neuntklässlern hauptsächlich Geschichte und Deutsch.

Regula Benninger ist seit 35 Jahren im Beruf, ebenfalls immer an der DOSF. Sie unterrichtet Mathematik, Englisch und Geografie, ebenfalls 7. bis 9. Klasse.

Nau.ch: Was ist die schwierigste Situation, die Sie als Lehrerin erlebt haben?

Küenzi: «Es gab immer Auseinandersetzungen mit Schülerinnen und Schülern, das ist in dem Alter normal. Ich habe aber zum Glück nie körperliche Gewalt erlebt.»

Benninger: «Früher haben die Schüler mehr Blödsinn gemacht als heute. Sie haben das WC angezündet oder in der Mittagspause Alkohol getrunken. Aber im Gegensatz zu heute haben sie meistens die Konsequenzen akzeptiert.»

Küenzi: «Der Rahmen war klar. Sie wussten: Ich habe etwas falsch gemacht, jetzt gibt es eine Strafe

Benninger: «Heute muss man ihnen zuerst erklären, dass sie respektlos waren. Sie verstehen es nicht. Und dann argumentieren sie viel mehr dagegen. Wenn es Konsequenzen gibt, sind sie überrascht, weil sie das nicht gewohnt sind.»

Nau.ch: Was hat sich in 30 Jahren Unterricht am meisten verändert?

Küenzi: «Mit der Digitalisierung hat es neue Werkzeuge gegeben. Aber es geht immer noch um Jugendliche mit ihren Sorgen und ihrem Verhalten. Die Eltern haben sich hingegen sehr verändert. Früher hat man mit Eltern Informationen ausgetauscht, heute mischen sie sich direkt ins Unterrichtsgeschehen ein

Nau.ch: Macht diese Einmischung der Eltern den Lehrpersonen das Leben schwer?

Küenzi: «Junge Lehrpersonen werden durch die Eltern oft verunsichert – dafür müssten sie besser ausgebildet werden.»

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Einer aktuellen Umfrage zufolge erleben viele Lehrpersonen Gewalt im Job. (Symbolbild)
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Trotzdem lieben zwei langjährige Lehrerinnen ihren Job, wie sie zu Nau.ch sagen. (Symbolbild)
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Sie sagen gar, dass die Kinder früher mehr Blödsinn gemacht hätten. (Symbolbild)
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Heute seien sie dafür erstaunt, wenn ihre Handlungen Konsequenzen mit sich ziehen würden. (Symbolbild)
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Ein Unterschied sei auch, dass sich die Eltern mehr einmischten als früher. (Symbolbild)
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Das verstehen die Lehrerinnen nicht: «Man geht ja auch nicht zum Mechaniker und glaubt, man weiss es besser.» (Symbolbild)

Benninger: «Alle waren einmal in der Schule, deshalb glauben sie, es besser zu wissen. Aber man geht ja auch nicht zum Mechaniker und glaubt das.»

Küenzi: «Natürlich dürfen und sollen sich Eltern dafür interessieren, was läuft. Aber sie sollten uns nicht unseren Job erklären.»

Nau.ch: Haben Sie Tipps für junge Lehrerinnen und Lehrer, wie sie mit schwierigen Eltern umgehen können?

Benninger: «Junge Lehrer machen sich oft zu viel Stress. Manchmal muss man akzeptieren, dass man alles getan hat, was möglich ist.»

Küenzi: «Zusammenarbeit mit anderen Lehrpersonen ist heute sehr wichtig. Früher hat eher jeder sein eigenes Ding gemacht. Dabei ist Zusammenarbeit der beste Schutz gegen Interventionen von aussen.»

Nau.ch: Wieso unterrichten Sie trotz all dieser Schwierigkeiten?

Küenzi: «Es ist einer der schönsten Berufe der Welt! Jeder Tag ist anders.»

Benninger: «Nach über 30 Jahren ist es immer noch mein Traumberuf. Man kann jeden Schüler weiterbringen, auch wenn er noch so schwierig ist.»

Wären Sie gerne Lehrer oder Lehrerin?

Küenzi: «Am schönsten ist es, von ehemaligen Schülern Positives zu hören. Es kommt weniger darauf an, was sie in der Schulzeit von uns halten, sondern wie sie danach an uns zurückdenken.»

Benninger: «Ein ehemaliger Schüler hat mir mal gesagt: ‹Wissen Sie, ich war nicht so gut in der Schule, aber Sie haben immer an mich geglaubt›. Das macht mich stolz.»

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