Ein verurteilter, in der Schweiz geborener Spanier wird nicht des Landes verwiesen. Er fällt gemäss des Bundesgerichts unter die Härtefallklausel.
Das Gebäude des Bundesgerichts in Lausanne.
Das Gebäude des Bundesgerichts in Lausanne. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein veurteilter Spanier wird laut des Bundesgerichts nicht des Landes verwiesen.
  • Das öffentliche Interesse an einem Verweis überwiege das Interesse des Mannes nicht.

Ein in der Schweiz geborener Spanier wird trotz eines begangenen Raubes nicht des Landes verwiesen. Er fällt unter die Härtefallklausel. Dies hat das Bundesgericht entschieden und damit eine Beschwerde des Mannes teilweise gutgeheissen.

Das Waadtländer Kantonsgericht verurteilte den Mann im vergangenen Jahr wegen Raubes sowie wegen Verstössen gegen das Waffen- und Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten. Zudem wurde er für fünf Jahre des Landes verwiesen.

In den Jahren 2012 bis 2016 war der Mann bereits vier Mal verurteilt worden. Es handelte sich jeweils um Geldstrafen wegen Sachbeschädigung, Drohung, Widerhandlung gegen das Waffengesetz und einmal überliess der heute 33-jährige Mann sein Auto einer Person, die keinen Führerausweis besass.

Für Raub sieht Artikel 66a des Strafgesetzbuches eigentlich die obligatorische Landesverweisung vor. Es kann jedoch darauf verzichtet werden, wenn ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt, der die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung überwiegt.

Ausländerrecht beigezogen

Ein solcher Ausnahmefall liegt gemäss einem am Donnerstag vom Bundesgericht publizierten Urteil vor. Für die Interessenabwägung hat sich das Bundesgericht an den Kriterien orientiert, wie sie im Ausländerrecht für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung in einem schwerwiegenden persönlichen Härtefall gelten.

Im Strafgesetzbuch sind keine solchen Kriterien aufgeführt. Und auch aus der parlamentarischen Debatte, die bei der Erarbeitung des Gesetzes geführt wurde, lassen sich gemäss Bundesgericht keine Leitplanken ableiten.

Die Debatte zeige aber, dass die Ausnahmen von der obligatorischen Landesverweisung restriktiv zu regeln seien. Auch habe der Gesetzgeber das richterliche Ermessen im Einzelfall stark einschränken wollen, schreiben die Lausanner Richter in ihren Erwägungen.

Wiedereingliederung als Kriterium

Im konkreten Fall ist das Bundesgericht der Ansicht, das öffentliche Interesse an einem Landesverweis überwiege das private Interesse des Spaniers nicht. Der Mann lebte nie in Spanien. Auch lebt seine ganze Familie in der Schweiz, darunter die Mutter, die Grossmutter und seine beiden Kinder. Zu den Kindern hat er eine enge Beziehung, auch wenn er von deren Mutter getrennt lebt.

Für seine finanziellen Aufwendungen war der Verurteilte immer selbst aufgekommen, bis auf eine kurze Zeitspanne nach dem Verlust der Arbeitsstelle im August 2016. Zudem hält das Bundesgericht die Aussichten auf eine soziale Wiedereingliederung nach Verbüssung der Freiheitsstrafe für realistisch.

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