Justiz im Stress: Ostschweizer Fall offenbart strukturelle Probleme
Intensivtäter aus dem Maghreb beschäftigen die Schweizer Strafverfolgung massiv. Ein Fall aus der Ostschweiz zeigt, welche Schwierigkeiten damit verbunden sind.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein algerischer Asylsuchender begeht innerhalb von zwei Stunden acht Diebstähle.
- Schnellverfahren sollen Intensivtäter in maximal 48 Stunden vor Gericht bringen.
- Das föderale System und fehlende Haftgründe erschweren die Strafverfolgung.
Der Fall eines 27-jährigen Algeriers im St. Galler Rheintal zeigt exemplarisch, wie herausfordernd der Umgang mit Intensivtätern für die Schweizer Behörden ist.
Innerhalb von nur zwei Stunden bestiehlt der Mann im vergangenen Februar Reisende, Ladenangestellte und Autobesitzer.
Er greift auf Perrons, in Bussen, Zügen und parkierenden Fahrzeugen zu, teilweise im Sekundenrhythmus. Erst nach mehreren Meldungen gelingt der Polizei in Oberriet die Festnahme.
Der Mann, den der «Tages-Anzeiger» Riad nennt, gehört zu einer Gruppe junger Männer aus dem Maghreb. Sie bewegen sich sehr mobil durch die Schweiz.
Viele benutzen zahlreiche Aliasnamen, wechseln laufend Kantone und begehen Delikte, die einzeln oft nicht ausreichen, um längere Haft anzuordnen.
«Wenn wir das schaffen wollen, müssen alle an einem Strick ziehen», sagt die St. Galler Staatsanwältin Petra Hutter zur Zeitung. Denn in vielen Fällen dürfen die Ermittler solche Täter nur höchstens 48 Stunden festhalten.
«Taskforce Intensivtäter» ins Leben gerufen
Um die Problematik in den Griff zu bekommen, wurde die «Taskforce Intensivtäter» geschaffen. Die Strafverfolger sammeln Informationen schweizweit und im Ausländerregister Zemis erhalten Serientäter ein eigenes Label.
Damit sollen sie bei erneuten Kontrollen sofort auffallen. Gleichzeitig setzen die Staatsanwaltschaften stark auf Schnellverfahren. Ziel ist es, möglichst rasch einen ersten Strafbefehl zu erlassen, um spätere Freiheitsstrafen zu ermöglichen.

Doch das föderale System bleibt ein Hindernis. Wenn Intensivtäter in mehreren Kantonen delinquieren, entstehen Streitigkeiten über die Zuständigkeit. Fälle werden hin- und hergeschoben, teilweise entscheidet am Ende das Bundesstrafgericht.
Riad bleibt auf freiem Fuss
Im Fall Riad gelingt der Prozess innert 30 Stunden. Er erhält sechs Monate unbedingte Haft. Weil das Urteil erst nach zehn Tagen rechtskräftig wird und Riad keine Adresse hat, kann er trotzdem gehen. Wird er erneut kontrolliert, muss er die Strafe sofort antreten.
Für Hutter ist der Aufwand dennoch gerechtfertigt. «Wir wollen eine Beruhigung erreichen, und wir möchten auch für die anderen Asylsuchenden wieder eine anständige Situation.»
















