Der sogenannte Entgiftungstrend ist auch bei den Jugendlichen angekommen. Ein 13-Jähriger verzichtet freiwillig auf Zucker – eine Psychologin ordnet ein.
Essen
Manche Menschen verbannen Schokolade und andere Süssigkeiten aus ihrem Menu – sogar 13-Jährige! (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Berner Teenager verzichtet im Februar freiwillig auf Zucker.
  • Eine Expertin warnt: Das könne negative Auswirkungen auf das Essverhalten haben.
  • Das absichtliche Hungern kann beispielsweise irgendwann zu Essanfällen führen.
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Dry January, Saftkuren, Basenfasten und Co. sind im Trend. Detoxen – also entgiften – gehört für immer mehr Menschen zum Lifestyle. Man erhofft sich, etwa mit einem Monat Alkohol-Verzicht Gifte auszuschwemmen und so gesünder zu leben.

Jetzt schwappt der Trend auch auf die Kleinen über. Tim ist 13 Jahre alt und verzichtet im Februar auf Zucker. Freiwillig, wie er betont.

Zucker
Einige Jugendliche verzichten freiwillig auf Zucker.
Eis
Die Gründe dafür sind vielfältig – die Auswirkungen ambivalent.
Essen
Unter anderem kann ein Zuckerverzicht auch zu Essstörungen führen.
Zucker
Wer zu sehr hungert, läuft nämlich Gefahr, sein Essverhalten irgendwann nicht mehr kontrollieren zu können.
Gemüse
Gleichzeitig können Jugendliche durch den Zuckerverzicht aber möglicherweise ihre Ernährung gesünder gestalten.

«Ich esse normal, einfach keine süssen Sachen wie Dessert», sagt der Berner Schüler. So gibt es zum Zmorge keine Cornflakes, sondern Vollkornbrot mit Butter oder Haferflocken mit Milch. Die Disziplin dazu habe er von seinem Hobby, dem Fussball.

Wie kommt ein Kind darauf, zu entgiften? «Ich habe mit Mami eine Netflix-Doku gesehen, die zeigt, wie ungesund Zucker ist», sagt Tim. «Papi meinte zwar, ich soll meine Skiferien geniessen und normal essen, aber das ziehe ich jetzt durch.» Auch ein guter Freund mache das im Februar so.

Expertin: Zuckerverzicht ist zweischneidiges Schwert

Psychologin Anna Rauen von der Universität Freiburg erklärt gegenüber Nau.ch, das Verzichten auf Zucker sei ein «bekanntes Phänomen». Sowohl gesamtgesellschaftlich als auch bei Jugendlichen trete es immer wieder auf.

In den letzten Jahren sei das Gesundheitsbewusstsein in der Gesellschaft stark gestiegen, so Rauen. «Bereits Jugendliche sind ständig mit ihrem Gesundheitsbewusstsein konfrontiert. Durch Eltern, Schule, Kollegen, aber auch in den Medien wie zum Beispiel durch Netflix-Inhalte.»

Achten Sie auf Ihre Ernährung?

Die Folgen für die Jugendlichen sind indes weder komplett negativ noch komplett positiv. Rauen erklärt: «Solche Inhalte auf Netflix oder auch Social Media können Jugendliche dazu anregen, an einem gesünderen Lebensstil zu arbeiten. Allerdings kann ein strikter Verzicht auf Zucker auch problematisch sein.» Es besteht nämlich die Gefahr, dass die Teenies auf diese Weise eine Essstörung entwickeln.

Es könne passieren, dass der Hunger wegen des Zuckerverzichts dermassen zunimmt, dass man es irgendwann nicht mehr aushalte. Das kann dann in einem Essanfall enden.

Teenies wollen «idealisiertem Körperbild entsprechen»

Die Gründe, weshalb Jugendliche weniger oder keinen Zucker konsumieren wollen, seien unterschiedlich. Laut Rauen haben einige schlicht «Freude an der Beschäftigung mit Ernährung». Andere wiederum würden sich «einen gesundheitlichen Vorteil versprechen».

Nicht zuletzt kann auch das Aussehen ein Grund sein, wie die Expertin ausführt: «Wiederum andere Jugendliche möchten vielleicht ihr Gewicht beeinflussen und so einem idealisierten Körperbild entsprechen.»

Teenager
Gerade in Zeiten des Internets sind auch Schönheitsideale immer wieder ein Thema bei Teenagern – das kann sich ebenfalls auf die Ernährung auswirken. - keystone

Klar ist für Rauen: «Netflix-Serien und andere Inhalte haben zweifellos Einfluss auf die psychologische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.» Das betreffe auch das Essverhalten. Allerdings würden solche Serien letztlich oft auch einfach gesellschaftliche Trends widerspiegeln.

Die Universität Freiburg bietet für Personen, die an Essanfällen oder Kontrollverlust beim Essen leiden, ein entsprechendes Online-Behandlungsprogramm an. Betroffene zwischen 14 und 24 Jahren können sich auf der Webseite informieren und anmelden.

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