Ist das Gstaad Palace in TV-Doku zu weit gegangen?
Die SRF-Dok «Inside Gstaad Palace» zeigt intime Einblicke ins Luxushotel. Die Angestellten äussern sich dabei ungewohnt direkt über die reichen Gäste.
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Das Wichtigste in Kürze
- In der SRF Dok-Serie «Inside Gstaad Palace» reden die Angestellten auch über die Gäste.
- Ob private Ehegelübde oder Sexspielzeug in den Zimmern: es wird offen geredet.
- Ein Experte findet, mehr Diskretion wäre angebracht.
Das Hotel Gstaad Palace ist bei den Reichen eine bekannte und beliebte Adresse. Hoch über dem Dorf thront das Schloss, das mit fünf Sternen versehen ist.
In der Dok-Serie «Inside Gstaad Palace» von SRF erhalten Zuschauer derzeit einen spektakulären Einblick in das Leben der Angestellten. Und manch einer dürfte staunen über Aussagen, die diese über ihre wohlhabenden Gäste machen.
So plaudert Michaela Gäng, Head of Housekeeping, über Gäste im Penthouse, in dem eine Nacht rund 16'000 Franken kostet. Manche Gäste würden auf der Speisekarte «rauf und runter» bestellen – aber nur «hier ein Häppchen und da eins» essen. Der Rest lande dann im Müll – dabei fühle sie sich «nicht so wohl».
Darf man so über Gäste reden?
Auch Event-Chefinnen und Köche werden in der Dok-Serie erstaunlich persönlich. «Ich habe gerade die Ehegelübde gelesen», erzählt die Event-Chefin. «Das dürfte ich glaub nicht, das ist sehr privat», sagt sie – und liest dennoch einen Teil daraus vor.
Auch in der Küche nimmt man kein Blatt vor den Mund. Eine Besucherin erklärt dem Kulinarik-Chef Franz Faeh, er sei «die Liebe ihres Lebens» – offenbar, weil er so gut kocht.
Faeh reagiert später in die Kamera: «Du darfst nie Freund sein mit den Gästen. Du musst sie aber so behandeln, als seien sie es.» Dann würden sie öfters kommen.
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Faeh spricht in der Serie auch über Gäste, die jedes Jahr teure Dinner planen. «Die haben nichts anderes zu tun. Die eine ist jetzt schon dran für nächstes Jahr», sagt er.
Darf man es sich in einem 5-Sterne-Hotel erlauben, so über die Gäste zu reden?
Experte: «Ein bisschen mehr Diskretion wäre sicherlich angebracht»
«Ein bisschen mehr Diskretion wäre sicherlich angebracht», sagt der Gastronomie-Experte Peter Herzog zu Nau.ch. Man dürfe Missstände zwar ansprechen, «nicht aber gezielte Kommentare machen und schon gar nicht persönlich werden».
Mit Blick auf das Food-Waste-Problem im Penthouse sagt Herzog: «Natürlich ist es ärgerlich und widerspricht den Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit.»
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Die grosse Mehrheit der Gäste esse jedoch, was sie bestelle. Fälle wie in der SRF-Serie seien Ausnahmen – grundsätzlich gelte in solchen Häusern «absolute Diskretion».
Dass dies in der gehobenen Hotellerie ein zentrales Thema sei, bestätigt auch Nicole Martin von der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern.
«Unsere Studierenden lernen, wie wichtig Professionalität und Vertraulichkeit im Umgang mit Gästen sind.» Dazu gehöre auch ein respektvoller Umgang in der Kommunikation über Gäste.
Regelmässige Sensibilisierung der Mitarbeitenden
Matthias Beyeler, Präsident des Regionalverbands HotellerieSuisse Bern+Mittelland, sagt: «In der Hotellerie hat Diskretion traditionell einen hohen, wenn nicht höchsten Stellenwert. Gäste vertrauen uns oft sehr persönliche Momente an.»
Entsprechend würden die meisten Hotels ihre Mitarbeitenden regelmässig sensibilisieren. Vor allem, wenn es darum gehe, «wie man mit privaten Informationen und oder Vorkommnissen umgeht».
Gleichzeitig sei klar, dass «hinter den Kulissen Menschen arbeiten, die einen intensiven Alltag mit hohen Anforderungen bewältigen». Spontane oder humorvolle Kommentare seien im Teamkontext «menschlich und nicht unüblich».
Kommentare können in der «Hektik des Alltags» vorkommen
Das Gstaad Palace bestätigt auf Anfrage von Nau.ch die entsprechende Sensibilisierung.
«Dazu gehört auch der sorgfältige Umgang mit persönlichen Daten unserer Gäste und das professionelle Verhalten im Hotelbetrieb.» Das sagt Kommunikationsverantwortliche Anna Siroka. «Diskretion hat in unserem Haus höchsten Stellenwert.»
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Der Respekt gegenüber den Gästen stehe immer im Vordergrund. Aber: «Persönliche Kommentare hinter den Kulissen können in der Hektik des Alltags vorkommen.»
Im Bewusstsein, dass die SRF-Serie auf einen unmittelbaren, möglichst authentischen Einblick abziele, habe man der Produktion zugestimmt. «Wir würden wieder mittun, keine Frage», sagt Siroka.








