Hier drohen jetzt Felsstürze, Erdrutsche und Schlammlawinen
Das Dorf Blatten VS wurde von einem Bergsturz fast vollständig verschüttet. An vielen anderen Hängen in der Schweiz drohen ebenfalls Felsstürze und Erdrutsche.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Klimawandel sorgt dafür, dass Felsen in den Alpen instabil werden.
- In der Schweiz werden mehr als 200 Risikostellen überwacht.
- Es drohen Felsstürze, Erdrutsche und Schlammlawinen.
Am 28. Mai trat im Walliser Lötschental das befürchtete Grossereignis ein: Felsmassen lösten sich vom Kleinen Nesthorn, das Dorf Blatten wurde unter einer Lawine aus Eis, Schlamm und Geröll begraben.
Der Klimawandel lässt den Permafrost, der die Berge im Inneren zusammenhält, auftauen. Die Folge: instabile Felswände – und drohende Naturkatastrophen.
In den Bergkantonen Bern und Graubünden stehen aktuell knapp 200 Felsen und rutschgefährdete Hänge unter Beobachtung. Die überwachten Hänge befinden sich grösstenteils in den Alpen.
Diese neuen Daten umfassen alle Überwachungen im Zusammenhang mit gravitativen Prozessen. Also Steinschlägen, Berg- und Felsstürzen, Rutschungen und Murgängen.
Für die Überwachung werden laut «Tamedia» verschiedene Instrumente benutzt: Neben Messgeräten werden auch Kameras, GPS-Sensoren oder Satelliten eingesetzt.
Begehungen vor Ort reichen oftmals aber auch aus, um sich ein Bild der Lage zu machen. Wo die Gefahr als gross eingestuft wird, kommen Messgeräte und Sensoren zum Einsatz.
Überwachung an 42 Standorten in Graubünden
Im Kanton Graubünden stehen 42 Risikostellen unter Beobachtung. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um die vom Bund oder Kanton subventionierten Überwachungssysteme. Messstandorte von Gemeinden oder Bergbahnbetreibern sind nicht in den Daten enthalten.
Aus den Daten aus Graubünden ist allerdings ersichtlich, wie man die Hänge überwacht. Die Daten aus dem Kanton Bern geben darüber nur eingeschränkt Auskunft.
Das Bündner Dorf Brienz GR wird nach dem Bergsturz 2023 weiterhin überwacht. Im November 2024 musste das Dorf aufgrund der Bedrohung durch das instabile Gestein zum zweiten Mal evakuiert werden.
Ein weiteres Beispiel für die Überwachung im Kanton ist Arosa. Dort werden Satellitenmessungen durchgeführt – ebenso wie am Schafberg bei Pontresina oder am Heinzenberg bei Tschappina. Am Felskopf Ardez bei Scuol kontrolliert man jährlich Messpunkte.
Im Kanton Bern wird nicht nur Kandersteg überwacht
Derweil werden im Kanton Bern derzeit insgesamt 155 Risikostellen überwacht. Darunter der «Spitze Stei» bei Kandersteg, oberhalb des bei Tagesausflüglern beliebten Oeschinensees, der seit Jahren in Bewegung ist.
Insgesamt könnten rund 16 Millionen Kubikmeter Fels ins Tal stürzen. Zum Vergleich: In Blatten reichten drei bis fünf Millionen Kubikmeter, um das gesamte Dorf zu verschütten.
Neben diesem prominenten Beispiel werden jedoch auch zahlreiche andere Felswände und Hänge überwacht. Zum Beispiel in Skigebieten, in Adelboden oder am Schilthorn.
Auch ein Abschnitt auf der Zugstrecke Interlaken–Meiringen–Brünig wird überwacht. Ebenso wie ein Gebiet oberhalb der exponierten Strasse entlang des Brienzersees.
89 «potenziell instabile und kritische» Felswände im Wallis
Auch im Wallis drohen nach der Katastrophe von Blatten weitere Naturereignisse: Es ist von 89 «potenziell instabilen und kritischen» Felswänden die Rede. Der Grossteil davon liegt laut einem Bericht in den Südtälern Val d’Hérens, Val d’Anniviers, Val de Bagnes, Mattertal und Saastal.
Auch einige Felswände im Lötschental werden in der Studie im Rahmen des nationalen Pilotprogramms zur Anpassung an den Klimawandel aufgeführt.
Die genaue Zahl der Hänge, die überwacht werden, ist jedoch nicht bekannt. Im Jahr 2018 veröffentlichte die Walliser Naturgefahren-Behörde eine Auflistung von 70 Standorten, die unter Beobachtungen stehen. Inzwischen dürfte die Zahl gestiegen sein.