Eine Recherche hat aufgedeckt, wie israelische Hacker mit Fake-Profilen Desinformation verbreiteten. Auch ein Schweizer Whistleblower wurde Opfer der Hetze.
Xavier Justo
Der Schweizer Whistleblower Xavier Justo deckte einen Milliarden-Skandal um den malaysischen Staatsfonds auf. - keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Journalisten haben kürzlich ein israelisches Hackerteam entlarvt.
  • «Team Jorge» manipulierte mit Fake-Profilen weltweit Wahlen und die öffentliche Meinung.
  • Ein Schweizer Whistleblower wurde Opfer von Hetze durch gefälschte Twitter-Accounts.

Was die internationale Recherche «Story Killers» entdeckt hat, scheint unglaublich: Die Journalisten entlarvten ein Hackerteam aus Israel, das für den richtigen Preis Wahlen manipuliert und Desinformation verbreitet. Dazu nutzt «Team Jorge» auch ein Programm, das auf Knopfdruck falsche Online-Profile erstellen kann.

Jetzt kommt aus: Sogar ein Schweizer Geschäftsmann wurde Opfer der Hacker.

Mindestens 200 Fake-Profile hetzten auf Twitter gegen Xavier Justo (56), berichten die Tamedia-Zeitungen.

isreal team jorge
Tal Hanan ist Leiter des «Team Jorge» in Israel. - Youtube/TheGuardian

Der Genfer mit spanischen Wurzeln hat sich offenbar reiche Feinde gemacht. Bis 2011 war er einer der Direktoren des Erdölunternehmens Petrosaudi, 2015 wurde er zum Whistleblower. So enthüllte er etwa den Milliarden-Korruptionsfall um den malaysischen Staatsfonds 1MDB.

Wie aus dem Nichts erntet Justo einige Jahre später plötzlich scharfe Kritik auf Twitter. «Er hat keinen Uni-Abschluss und ist an schmutzigen Clubs im Rotlichtviertel beteiligt», schreibt Nutzerin Marianne. «Dieser Kriminelle sollte zur Rechenschaft gezogen werden», meint jemand anderes.

Unzählige weitere Profile stimmen in den Chor der Diffamierung ein. Der Whistleblower wird als Dieb, Drogenabhängiger und geldgieriger Erpresser dargestellt. Brisant: Auch einige Medien greifen die Vorwürfe auf.

Haben Sie die Enthüllungen von «Story Killers» verfolgt?

Die Hetz-Kampagne beginnt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Kurz darauf sagt Justo nämlich vor der Bundesanwaltschaft gegen zwei frühere Petrosaudi-Kollegen aus. Für den Geschäftsmann war das kein Zufall: «Ich erkannte sofort, dass mir wieder jemand schaden will», sagt er den Zeitungen.

Damit hat er recht: Marianne und andere Kritiker Justos sind nämlich gar keine echten Personen. Sie alle wurden mutmasslich durch die «Aims»-Technologie («Advanced Impact Media Solutions») der israelischen Hacker erstellt.

Dabei wirken sie täuschend echt: Sie zeigen sich in ihren Profilbildern, teilen Rezepte, folgen Prominenten und tragen typische Schweizer Namen.

Fake-Profile greifen in Weltgeschehen ein

Justo war bei weitem nicht ihr einziges Opfer. Bei einem Streit über Atomkraft in Kalifornien warben Fake-Profile für AKWs. Auch in einer «#MeToo»-Kontroverse in Kanada oder bei einer Wahl im Senegal griff die Online-Armee ein.

«Team Jorge» weist inzwischen jegliche Verantwortung von sich. Mutmassliche Angehörige dementieren die Zugehörigkeit zu der Gruppe. Viele der Twitter-Profile wurden von den Journalisten gemeldet und sind nun gesperrt oder mit einer Warnung versehen.

Xavier Justo
Whistleblower Xavier Justo lebt inzwischen mehrheitlich in Spanien. - SRF

Der Ruf Justos leidet aber auch heute noch unter den Folgen der Online-Hetze. «Meine Frau muss diese Lügen lesen, meine Freunde, meine Verwandten – und mein achtjähriger Sohn. Sie bleiben für immer im Internet. Das tut mir als Vater am meisten weh», so der 56-Jährige gegenüber Tamedia.

In Spanien, wo er jetzt lebt, hat Justo noch immer Mühe, einen Job zu finden. Er sei ein zu grosses «Reputationsrisiko», heisst es jeweils.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

BundesanwaltschaftInternetTamediaTwitterVaterSchweizer ArmeeHacker