Für Medizin: Immer mehr spenden ihren Körper – Hälfte wird abgelehnt
Die Medizin ist auf Leichen von Spendefreudigen angewiesen. Das gewinnt an Beliebtheit. Doch nicht jeder Körper kann für die Ausbildung verwendet werden.

Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Menschen spenden ihren Körper der Medizin für die Ausbildung und Forschung.
- Universitäten in der Schweiz können so den Bedarf an Körpern decken.
- Doch: Nicht jeder gespendete Körper kann auch angenommen werden.
Sie ist eine der grundlegenden Fragen des Lebens: Was soll nach dem Tod mit dem Körper geschehen?
Neben verschiedenen Bestattungs-Möglichkeiten gewinnt auch eine andere Möglichkeit an Beliebtheit – zumindest in Bern: die sogenannte Körperspende.
Dabei stellt man seinen Körper der Medizin zur Verfügung. Angehende Ärztinnen und Ärzte erhalten so eine praxisnahe Ausbildung direkt am menschlichen Körper. Auch neue Operationsverfahren können an der Leiche entwickelt und erprobt werden.
Hat man sich zu Lebzeiten für eine solche Spende entschieden, gelangen die Körper an die Anatomischen Institute der Schweizer Unis.
Universität Bern kann nur Hälfte der Spenderkörper annehmen
«Die Bereitschaft ist leicht gestiegen», bestätigt Nathalie Matter von der Universität Bern gegenüber Nau.ch. Konkret gehen jährlich zwischen 100 bis 150 Anmeldungen ein.
Planbar ist der Tod zwar nicht. Trotzdem bewegt sich die Zahl der eingegangenen Körper auf konstantem Niveau.
Matter sagt: «Dem Institut werden jährlich 50 bis 55 Todesfälle von Personen, die sich als Körperspenderinnen und -spender angemeldet haben, mitgeteilt.»
Doch längst nicht jeder Körper kann angenommen werden. «Wegen Infektionskrankheiten, offenen Wunden, starkem Übergewicht etc. werden pro Jahr 20 bis 30 Körper abgelehnt.» Die anderen 20 bis 30 Körper können hingegen für Bildungs- und Forschungszwecke verwendet werden.
Nur rund die Hälfte kann somit gebraucht werden.
«Anzahl deckt Bedarf für die Ausbildung»
Beatrice Lauber vom Anatomischen Institut der Universität Zürich sagt zu Nau.ch: «Die Bereitschaft zur Körperspende ist seit Jahren konstant geblieben. Jedes Jahr erhalten wir in etwa 300 neue, unterzeichnete Verfügungen von Spendern und Spenderinnen.»
Im Durchschnitt erhalte man hier etwa 120 Spendenkörper jährlich. «Diese Anzahl deckt den Bedarf für die Ausbildung von Medizinstudierenden und Ärztinnen und Ärzten.»
Dass Körper nicht angenommen werden können, gibt es auch in Zürich «gelegentlich».
Auch Magdalena Müller-Gerbl, Leiterin des Instituts für Anatomie in Basel, sagt: «So oft kommt das nicht vor.» Pro Jahr sind das in Basel rund fünf bis zehn Körper. Und auch in Basel bewege sich die Bereitschaft auf «konstantem Niveau».
Die Universität Bern kann die Gründe, warum in Bern mehr Körper abgelehnt werden als anderswo, nicht abschliessend beurteilen.
Beatrice Lauber vom Anatomischen Institut der Universität Zürich hat aber eine mögliche Erklärung: Es könnte einerseits an den unterschiedlichen Anforderungen für die Kurse, an anderen Verwendungszwecken in Lehre und Forschung liegen. Ein weiterer möglicher Grund sei die höhere Studierendenzahl in Zürich.
Frauen und Männer sind gleich spendefreudig
Die Spendenbereitschaften zwischen Frauen und Männern halten sich überall die Waage.
Auch was die Altersstruktur der Spendenden betrifft, sind die Anatomischen Institute zufrieden. «Altersphysiologische Veränderungen oder pathologische Merkmale der Körper beeinflussen die Ausbildung und Forschung nicht negativ», erklärt Lauber.
Körper, die nicht verwendet werden können, gelangen gar nicht erst an die Anatomischen Institute. Nathalie Matter von der Universität Bern sagt etwa: «Wir informieren Spenderinnen und Spender zu Lebzeiten über mögliche Ausschlusskriterien wie Infektionskrankheiten oder Übergewicht.»
Dies sei auch im Merkblatt der Institute klar dokumentiert. Sollten Körper dennoch abgelehnt werden, werden die Angehörigen einbezogen, um alternative Lösungen zu besprechen.