Freispruch für Arzt nach Anklage wegen fahrlässiger Tötung
Ein Hausarzt wurde vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen, muss aber wegen eingegangenen Risikos für seinen Patienten 12'000 Franken Strafe zahlen.

Ein wegen fahrlässiger Tötung angeklagter Arzt ist am Donnerstag vor einem Neuenburger Gericht freigesprochen worden. Ein Kausalzusammenhang zwischen einem möglichen Verstoss gegen medizinische Richtlinien und dem Tod eines Patienten des Arztes konnte nicht nachgewiesen werden.
Der 69-jährige Hausarzt muss jedoch eine Geldstrafe zahlen. Diese beträgt 30 Tagessätze zu je 400 Franken, also insgesamt 12'000 Franken, mit einer Bewährungsfrist von zwei Jahren. Die Staatsanwaltschaft hatte 50 Tagessätze wegen fahrlässiger Tötung beantragt.
Während des Prozesses hatte der noch immer praktizierende Arzt angegeben, dass er seinen 41-jährigen Patienten, der bei «vollem Verstand» war, nicht zur Einweisung ins Spital zwingen konnte.
Das Opfer starb wenige Tage nach seinem Besuch zwischen dem 23. und 25. August 2020 in seiner Wohnung. Es war wegen Schizophrenie und anderer Erkrankungen intensiv behandelt worden.
Patient zeigte keine alarmierenden Anzeichen
Aus Sicht des Arztes ergaben sowohl die klinische Untersuchung in der Wohnung als auch die Blutuntersuchung keine alarmierenden Anzeichen für eine Infektion oder Entzündung. Der Anklageschrift zufolge deuteten die Ergebnisse jedoch auf eine möglicherweise schwerwiegende akute Verdauungserkrankung, eine Pankreatitis oder ein Magengeschwür hin.
Die Staatsanwaltschaft war der Ansicht, dass das Sterberisiko des Patienten angesichts seiner bekannten Begleiterkrankungen hoch war. «Der Arzt hätte angesichts der psychiatrischen Vorgeschichte des Patienten eine Einweisung ins Spital veranlassen müssen, auch gegen dessen Willen, gegebenenfalls in Form einer Einweisung zu Fürsorgezwecken.»
Der Verteidiger hielt dem entgegen, dass das Opfer zum Zeitpunkt des Hausbesuchs bei klarem Verstand gewesen sei und sich ausdrücklich gegen einen Spitalaufenthalt ausgesprochen habe. Der Patient klagte über Schwäche, Müdigkeit, Appetitlosigkeit und Schwindel.
Todesursache bleibt unklar
Der Angeklagte hatte einen neuen Termin mit Blutabnahme und zusätzlichen Untersuchungen für die folgende Woche vereinbart. Er hatte ihm auch Kalium verschrieben. Letztendlich konnte, und das ist das Problem, das sich aus der Verhandlung vom 3. Juli ergab, die Todesursache des Patienten mangels einer Autopsie nicht festgestellt werden.
«Wir wissen nicht, woran das Opfer gestorben ist», räumte die Richterin ein. Der Arzt profitiert vom Zweifel hinsichtlich des Kausalzusammenhangs. Dennoch hat er seinen Patienten einem Risiko ausgesetzt, auch wenn dies nicht seine Absicht war.
Aus diesem Grund entschied das Regionalericht Littoral und Val-de-Travers auf Eventualvorsatz. Es sprach der Familie der Klägerin zudem 10'000 Franken als Schmerzensgeld zu, nachdem die Mutter des Opfers 200'000 Franken gefordert hatte. Die Kosten in Höhe von 25'900 Franken trägt der Angeklagte.