Familie diskutiert im Resti «sehr laut» mit ChatGPT

Ein Bub schwatzt in der Beiz laut mit ChatGPT. Während die Eltern lachen, fühlen sich andere Gäste vom KI-Geplauder genervt. Die Kniggeexpertin ordnet ein.

ChatGPT
Der Grossvater versperrt den Blick. Beim roten Pfeil sitzt der neunjährige Bub, der mit ChatGPT schwatzt. - Nau.ch-Leserreporterin

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Familie stört Restaurantgäste mit einem ChatGPT-Gespräch.
  • Die Kniggeexpertin mahnt: Hier stünden die Eltern für ihre Kinder in der Pflicht.
  • Der Branchenverband empfiehlt das direkte Gespräch bei Störungen.

«Das ist der Gipfel der Frechhheit.» Gäste einer Beiz im Berner Oberland sind genervt.

Sie warten beim Italiener auf ihren Risotto – und die Nachbarn am Nebentisch geben Vollgas. Zu viert sitzen Mutter, Vater, Grossvater und ein neunjähriger Bub am Tisch.

Dem Jungen ist langweilig, also packt er sein Handy aus. Und beginnt – auf maximaler Lautstärke – mit der Frauenstimme von ChatGPT zur reden.

Es geht nicht etwa um eine Dringlichkeit. Der Bub fragt einfach alles, was ihm gerade in den Sinn kommt.

Bub stellt der KI lauter Quatsch-Fragen

«Wie viele Herzen haben Würmer?», will er etwa wissen (Antwort: fünf).

«Ist Obsidian (ein Stein, Anm. d. Red.) wirklich stärker als Diamant?» ChatGPT antwortet: «Das stimmt nicht ganz», und erklärt, warum.

Davon lässt sich die ganze Familie anstecken. Jetzt hat auch der Vater eine Frage, nämlich: «Wann müssen neunjährige Jungen eigentlich ins Bett?» Und lacht schallend, als die KI «21 Uhr» sagt, denn es ist gerade so spät.

Stellst du der KI manchmal auch Quatsch-Fragen?

Die anderen Gäste finden hier aber nichts lustig. «ChatGPT war quasi die fünfte Person am Tisch», nervt sich einer. «Die Frauenstimme quatschte in voller Lautstärke, und keiner sagte dem Bub, dass er leiser stellen soll.»

Weil sie selbst vom anstrengenden Tag müde sind, wollen die Gäste aber nicht an den KI-Tisch und nörgeln. Auch vom Personal greift niemand ein.

Gast Kevin L.* sagt aber: «Mir scheint, heute benimmt man sich so lange daneben, bis jemand motzt. Auch wenn sich viele Leute stören, sagt aber kaum einer was. Aus Angst, dann der Bünzli zu sein.»

Expertin findet KI-Geplauder «bedenklich»

Kniggeexpertin Katrin Künzle ordnet die Szene auf Anfrage von Nau.ch ein. «In einem Restaurant hat jeder Gast das Recht, sein Essen in Ruhe zu geniessen. Hier sind die Eltern in der Pflicht, zu erkennen, dass das Verhalten des Kindes die Gäste stört», sagt sie.

«Das beschriebene Verhalten ist umso bedenklicher, als dass die Eltern es noch während des Essens mit lautem Lachen unterstützten und der Lärmpegel noch höher wurde», so Künzle.

Knigge-Expertin Katrin Künzle
Katrin Künzle ist lizenzierte Knigge-Trainerin. - zVg

Künzle bedauert, dass Familien zunehmend gemeinsame Essen nicht mehr mit wertvollen Gesprächen miteinander verbringen würden.

«Stattdessen wird ins Tablet oder ins Handy gestarrt. Dabei wäre es wichtig, dass Eltern als Vorbild während dem Essen alle Geräte beiseitelegen würden», meint sie.

Hast du dich auch schon mal über laute Handys genervt?

Zwar gehörten elektronische Geräte ohnehin nicht auf den Tisch im Restaurant. Aber: «Manchmal ist es wohl einfacher, lange Wartezeiten für Kinder mit dem Tablet oder Smartphone zu überbrücken. Dies sollte aber immer mit Kopfhörer und niemals mit Lautsprecher stattfinden.»

Telefonieren am Tisch ist unangebracht

Vor dem Restaurantbesuch sollte man das Handy daher in den Lautlos- oder Vibrationsmodus schalten. «Wenn man keinen wirklich dringenden Anruf erwartet, Telefon versorgen und sich auf das menschliche Gegenüber konzentrieren», so Künzle.

Wer doch einen dringenden Anruf erhält, soll die Personen am Tisch informieren. «Für das Gespräch selber verlässt man den Raum.»

Restaurants seien halböffentliche Räume, weshalb Rücksicht geboten sei. «Wenn die Gäste mit lauten KI-Stimmen, Musik, Tiktok- oder Instagram-Beiträgen belästigt werden, ist eine Grenze überschritten.»

Doch wie können gestörte Gäste oder das Personal höflich reagieren, ohne die Situation eskalieren zu lassen?

«Wenn das Personal bemerkt, dass die Lärmgrenze überschritten wird, sollte es eingreifen», findet die Knigge-Expertin.

«Direktes Gespräch mit Gästen suchen»

«Mit einem höflichen ‹Bitte benutzen Sie die Kopfhörer oder stellen Sie den Ton leiser!› müsste dem Gast hoffentlich bewusstwerden, dass er zu laut war.»

Auch als Gast dürfe man dies höflich anbringen.

Der Restaurantverband Gastrosuisse hat bislang keine Rückmeldungen seiner Mitglieder zu diesem Thema.

Sprecher Patrik Hasler-Olbrych sagt zu Nau.ch: «Wir empfehlen Gästen sowie Gastgeberinnen und Gastgebern immer, zuerst das direkte Gespräch mit den Gästen zu suchen.»

Kommentare

User #3368 (nicht angemeldet)

Alles ganz normal in der neuen E-ID Schweiz.2 reborn, dagegen zu gehen ist strohdumm und nicht sozial, denn das wollen alle, der bundesrat, die politker, das 53% volk, es kommt die totale digitale smarte cashless Schweiz!!!

Luxy-1

Ja das kann pasdieren wenn Kinder nur 2 egoistische Erzeuger kriegen statt liebevollen Eltern.

Weiterlesen

Service
906 Interaktionen
Personalmangel
Frau isst Pizza
22 Interaktionen
Peinlich
a
68 Interaktionen
«Beste aller Zeiten»

MEHR AUS OBERLAND

Marc Jost EVP Nationalrat
5 Interaktionen
EVP BE
Fluggesellschaft Swiss
40 Interaktionen
11 Stunden!
Bern
Erlenbach i.S. BE