Ein 36-Jähriger stand am Donnerstag vor dem Baselbieter Strafgericht, weil er in einer Kindertagesstätte (Kita) in Allschwil BL mehrere Kleinkinder sexuell missbraucht haben soll. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren für den Deutschen.
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der in Lörrach (D) aufgewachsene Mann gab vor Gericht zu, in der Kita einen damals zweijährigen Buben beim Wechseln der Windeln und auch im Schlafraum sexuell missbraucht zu haben.

«Ich möchte mich bei den Opfern und den Familien für den Schmerz und das Leid entschuldigen. Ich bereue meine Taten», sagte er vor Gericht.

Die Übergriffe auf den Zweijährigen hielt der Mann fotografisch fest. Auf dem Laptop und auf dem Handy des Beschuldigten fanden die Ermittler 50 Fotos des teilweise nackten Jungen. Er wisse nicht, weshalb er die Bilder gemacht habe, sagte der Angeklagte, der seit 2013 in Basel lebte und sich seit April 2020 im vorzeitigen Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt Bostadel ZG befindet.

Er habe die Fotos nie mehr angeschaut und sei in dem Moment nicht in der Lage gewesen, seine Taten kritisch zu hinterfragen. Der 36-Jährige gab immer wieder an, als Kind von der Mutter und dem Stiefvater missbraucht worden zu sein. Im Nachhinein habe er die Fotos wahrscheinlich gemacht, um sich mit dem eigenen Missbrauch zu konfrontieren, sagte er.

Der nicht vorbestrafte und in Deutschland staatlich anerkannte Erzieher war am 6. Dezember 2019 in der Kita in Allschwil festgenommen worden. Zuvor hatte eine Arbeitskollegin ihn in flagranti bei einem sexuellen Übergriff an einem damals vierjährigen Buben erwischt.

Der Beschuldigte gab auch diese Tat vor Gericht zu. Er habe die Signale des Knaben, der nicht habe einschlafen haben können und seine Unterhosen hinuntergezogen habe, falsch gedeutet und sie so interpretiert, dass er den Buben mit dem Berühren des Penis beruhigen und zum Einschlafen bringen könne.

Gemäss Anklageschrift der Baselbieter Staatsanwaltschaft soll sich der Angeklagte in der Kindertagesstätte in Allschwil, wo er vom April 2019 bis zu seiner fristlosen Entlassung im Dezember 2019 angestellt war, an zwei weitere Kleinkinder im Alter von 1 und 3 Jahren sexuell vergangen haben. So gaben die Eltern eines Einjährigen gegenüber der Staatsanwaltschaft an, dass sich ihr Kind ab dem Sommer 2019 beim Wickeln plötzlich anders verhalten habe.

Der Angeklagte bestritt diese Taten vor Gericht allerdings. Er sei für diese Kinder nicht zuständig gewesen. Gemäss der Staatsanwältin hatte der Dreijährige aber bereits vor der Festnahme des Beschuldigten gegenüber den Eltern Aussagen gemacht, die auf einen sexuellen Übergriff in der Kita hingedeutet hätten.

Gemäss des psychiatrischen Gutachtens hat der Mann eine homosexuelle Pädophilie und eine Anpassungsstörung. Er interessiere sich sexuell für Kinder, behaupte aber, dass er davon nichts wisse, sagte die Gutachterin. Sie attestierte dem Angeklagten ein «eher geringes Rückfallrisiko».

Verantworten muss sich der Deutsche wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern, mehrfacher Schändung, mehrfacher Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte und mehrfacher Pornografie.

Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren und einen Landesverweis von 10 Jahren. Auch soll der Angeklagte eine vollzugsbegleitende ambulante Massnahme besuchen und mit einem lebenslänglichen Berufsverbot sowie einem fünfjährigen Kontaktverbot zu Kindern unter 16 Jahren belegt werden.

Er habe skrupellos und aus purem Egoismus gehandelt, sagte die Staatsanwältin bei ihrem Plädoyer. Die Kinder seien ihm schutz- und wehrlos ausgeliefert gewesen und befänden sich heute teilweise in Therapie.

Ein Landesverweis würde ihn sehr hart treffen, sagte der Beschuldigte. Er sehe die Schweiz und Basel als seine Heimat an. Zudem würde es ihn verletzen, seinen Beruf nicht mehr ausüben zu können, auch wenn dies wohl unvermeidbar sei.

Der amtliche Verteidiger machte unter anderem mangelnde Beweise bei den mutmasslichen Übergriffen am Einjährigen und Dreijährigen geltend. Er sprach sich für eine bedingt vollziehbare Freiheitsstrafe von 21 Monaten sowie eine bedingte Geldstrafe aus. Auf einen Landesverweis soll verzichtet werden. Zudem forderte er für den Angeklagten die Haftentlassung. Das Urteil wird voraussichtlich am 29. April verkündet.

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