Der ehemalige CVP-Nationalrat Edgar Oehler hat vier Kinder adoptiert. Doch die Verfahren weisen schwerwiegende Mängel auf, zeigt ein neuer Bericht.
Edgar Oehler
Der ehemalige CVP-Nationalrat Edgar Oehler. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Von 1973 bis 2002 hielten St. Galler Behörden Vorschriften bei Adoptionen nicht ein.
  • Das zeigen verschiedene Fallbeispiele in einem neu veröffentlichten Forschungsbericht.
  • Auch Ex-CVP-Nationalrat Edgar Oehler ist darin verwickelt.
Ad

In dem am Donnerstag in St. Gallen veröffentlichten Forschungsbericht zu den mangelhaften Adoptionen von Kindern aus Sri Lanka taucht ein prominenter Name auf: Der ehemalige CVP-Nationalrat Edgar Oehler setzte sich nicht nur für eine Praxisänderung ein, zu den vier von ihm adoptierten Kindern fehlen Dokumente aus dem Herkunftsland.

Der Bericht zeigt anhand verschiedener Fallbeispiele, dass die St. Galler Behörden von 1973 bis 2002 die geltenden Vorschriften bei den Adoptionen nicht einhielten. «Alle Fälle sind anonymisiert, ausser bei Edgar Oehler, der direkt in die Adoptionen involviert war», erklärte Francesca Falk vom Forschungsteam vor den Medien.

Schärfere Einreiseregeln gegen Kinderhandel

Der Bund hatte 1983 schärfere Einreiseregeln erlassen, um dem Kinderhandel bei Adoptionen zu begegnen. Die St. Galler Adoptionsvermittlerin Alice Honegger stellte beim Bundesamt für Ausländerfragen den Antrag, dass die künftigen Adoptiveltern die Einreisebewilligungen für Kinder aus Sri Lanka zwecks Beschleunigung des Prozesses weiterhin auf dem telegrafischen statt schriftlichen Weg erhalten konnten.

Das Begehren wurde mit Verweis auf «die grosse Gefahr, dass unter dem Zeitmangel mit illegalen Geldbeträgen versucht wird, irgendwoher ein Kind zu bekommen» abgelehnt, wie es im Forschungsbericht weiter heisst.

Die umstrittene Vermittlerin erhielt Hilfe von einflussreicher Seite. Als sich im August 1984 der damalige St. Galler Nationalrat Oehler und Honegger an einem Treffen mit dem damaligen Direktor des zuständigen Bundesamts für eine Praxisänderung einsetzten, wurde dieser Forderung schliesslich doch stattgegeben.

Schwerwiegende Mängel bei Adoptionsverfahren

Oehler selbst hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Kinder aus Sri Lanka adoptiert, zwei weitere wurden ihm und seiner Frau laut Bericht in den Folgejahren vom zuständigen Bezirksamt zugesprochen. «Bemerkenswert ist, dass in den von uns konsultierten Provenienzen zu allen vier Verfahren keinerlei Dokumente aus Sri Lanka überliefert sind», so Falk weiter.

Zwar würden solche Dokumente erwähnt und von Oehler vom zuständigen Bezirksamt zurückgefordert, doch fänden sich keine Kopien davon im Archiv. Abgesehen davon seien alle vier Schweizer Adoptionsverfahren von schwerwiegenden Mängeln betroffen. Es fehlten nicht nur die Entscheide des Gerichts, sondern auch die Geburtsurkunden.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

NationalratDie Mitte